Die Highlights der Essen Motor Show 2016
Alle Welt redet von Elektroautos und sparsamen Hybrid-Lösungen. Nicht so in Essen! Hier gibt's noch Tuning der alten Schule. Wir haben uns in den Messe-Hallen umgesehen und dabei mehr als nur scharfe Autos und heiße Mädels entdeckt.
„Na, ihr könnt euch auch reinsetzen!“, ruft uns der Typ mit der dunkelblauen Cappy zu, die er – natürlich – falsch herum auf dem Kopf trägt, Schirm nach hinten. Machen wir gerne! Wann bekommt man sonst schon mal die Chance, sich in einen 44 Jahre alten, frisch restaurierten Datsun 240Z zu setzen? Näher als auf der Essen Motor Show kommt man Autos selten – und noch viel seltener den Menschen, die sie gebaut haben.
Geschichten, die nur die Essen Motor Show erzählen
„In diesem desolaten Zustand habe ich ihn gekauft“, sagt er und hält uns sein Handy ins Gesicht. Darauf zu sehen: ein dunkelroter, rostiger Haufen Blech. Abgesehen von der Form erinnert nichts an den mattgrauen 240Z, der heute in Messe-Halle 6 steht. „Das meiste Geld steckt unterm Blech“, sagt er und zeigt in Richtung Fahrwerk. Die Patina, die sein Baby zur Schau stellt, sei so gewollt. Auf dem Bürzel am Heck steht „Financial Disaster“. Mehr als 50.000 Euro steckte Jan in die Restaurierung – und drei Jahre seines Lebens.
Ein Tag reicht nicht einmal annähernd, um bei der Essen Motor Show alle Sehenswürdigkeiten zu entdecken. Das merkst du spätestens dann, wenn du dich 30 Minuten lang mit ein und derselben Person unterhältst – und sie dir bis ins kleinste Detail erzählt, was sie an ihrem Auto alles geändert hat – so wie Jan. Wert ist es das aber allemal.
Viel lässt sich trotzdem quasi im Vorbeigehen genießen: Meter um Meter aneinandergereihte Felgen, messehallenhohe Regale mit Nachrüst-Rücklichtern, schimmernde Stoßdämpfer, wummernde Musikboxen. Das Flair auf der Essen Motor Show ist locker, ungezwungen. Fast immer. Nur als Ford den GT-Rennwagen aus Le Mans vorstellt kommt sowas wie IAA-Atmosphäre auf, eigenartige Ruhe, Menschenmassen mit Handys, große TV-Videokameras. Zeit, woanders hinzugehen.
Der einzige „Rauh Welt Begriff“-Porsche in Deutschland
In Halle 3 stehen noch einige andere Preziosen, auch absolute Einzelstücke. Eins davon ist der Rauh-Welt-Begriff-Porsche von TV-Star Sidney Hoffmann, ein 993 mit Extrem-Breitbau. Einige Messebesucher rümpfen die Nase, wenn sie das lilafarbene Kunstwerk sehen. „Das passt doch nicht zu Porsche, das sieht so nach Billig-Tuning aus“, sagt ein Mann mit Gulf-Racing-Shirt und – farblich passenden – orangen Sneakers. Eindeutig Geschmackssache. Das jüngere Publikum feiert das Werk, das der beinahe schon legendenhaft verehrte Akira Nakai vollbracht hat. „Furusato“ hat er es genannt – zu Deutsch „Heimat“ oder „Ursprung“.
Für viele Tuner ist die Essen Motor Show die Messe, um ihre Neuheiten vorzustellen, beziehungsweise kurz zu testen, wie sie beim Publikum ankommen: AC Schnitzer packt den recht seriennahen ACS2 auf Basis des BMW M2 ein, aufgemotzt auf 420 PS und damit fast so stark wie der große M4.
Das Geheimnis steht im Keller
Techart aus dem schwäbischen Leonberg muss erst mit uns in den Keller, um uns ihr Geheimnis zu zeigen. Kalter Wind weht uns entgegen, als wir auf dem VIP-Parkdeck abkommen. Rot umzäunt steht da der nagelneue GT Street R, ein Kohlefaser-Monster in giftigem Grün. Große Heckflügel (ja, Plural!), Radhausentlüftungen (nicht aus dem GT3 RS), aktiver Aerodynamik und 720 PS. Mächtig! Für Frischluft-Genießer, die es nicht ganz so brachial wollen, hat Techart auch einen Porsche 718 Boxster S mit 400 PS dabei. Okay.
Beim Schlendern durch die Hallen, merkt man, dass am Freitag „ nur“ der Preview-Day ist. In den Hallen 8.1 und 9.1 stehen noch verschlossene Kartons in leeren Ecken, die am Samstag diverse Stände beheimaten werden. Blechschilder, T-Shirts, Lederjacken und Werkstatt-Overalls (jede Marke) stapeln sich auf Holztischen, hier und da scheppert der neue Chart-Hit „Ich und mein Holz“ aus den Lautsprechern und – na, klar – in Halle 5 zeigt die Bundeswehr wieder ein gepanzertes Fahrzeug, dieses Mal einen Truppentransporter, umgebaut zur Kommandozentrale. „Im Prinzip ist dieser Truppentransporter ein Pickup. Das aufsetzbare Teil hinten lässt sich ganz schnell in einer Stunde wieder demontieren“, erklärt uns ein Soldat, der zum Briefen der neugierigen Messe-Besucher abgestellt wurde. Und: Reinklettern kann man übrigens auch. Wir sind ja in Essen auf der Motor Show.