Leben als Reise – Reisen als Leben?
Ein Sabbatical im Reisemobil: Nicht nur junge Leute sind von dieser Idee fasziniert. Immer mehr Menschen verbringen eine längere Auszeit auf großer Fahrt im Reisemobil. Und einige geben ihre feste Bleibe sogar ganz auf und leben nur noch im rollenden Heim. Ein Traum?
"Lieber Herr Vierneisel," wendet sich ein junges Paar (die Namen und Berufe haben wir geändert) mit einem Brief an den Chefredakteur von promobil, "viele Ihrer Leser träumen davon, ein Jahr lang die Seele baumeln zu lassen und einfach nur zu leben und nicht erst auf die Rente zu warten. Wir sind Renate Kreis (Jahrgang 1981, Diplom-Agragingenieurin) und Hermann Geber (Jahrgang 1980, Lehrer für Deutsch und Englisch), und wir würden gerne unsere Geschichte mit Ihnen und Ihren Lesern teilen.
Einfach nur auf Achse sein, neue Orte erkunden, fremde Kulturen kennen lernen, tolle und nette Menschen treffen und spannende Geschichten erleben, das konnten wir bisher nur in den Ferien. Uns und vielen anderen geistert dabei der Gedanke, ein Sabbatjahr zu machen, im Kopf herum, und es finden sich viele Gründe dafür, aber auch dagegen. Lange haben wir das Für und Wider gegeneinander abgewogen, haben uns aber für unseren Traum entschieden und beginnen ab nächstem Jahr September 2021 unser Sabbatical. In diesem Jahr möchten wir in Europa geheime Orte, geniale Stellplätze und ein neues Wohnmobil erkunden."
Viel Fernweh in diesen Zeiten
Dann bieten sie ausgiebige Berichterstattung an und wünschen sich die Vermittlung eines günstigen Fahrzeugs für ihre Tour – was leider ein Traum bleiben muss. Ähnliche Briefe erreichen die Redaktion in letzter Zeit häufig, denn immer mehr Menschen entscheiden sich dafür als Aussteiger im Wohnmobil zu leben.
Einige davon setzen den Traum vom mobilen Leben definitiv in die Tat um. Zum Beispiel auch promobil-Autorin Carolin Hlawatsch, die ihr festes Zuhause ganz aufgegeben hat und trotz Corona derzeit mit Partner und Hund im Campingbus in Süditalien unterwegs ist; auf Facebook und bei Instagram können Sie Carolin aktuell folgen.
Wie geht es Ihnen beim Gedanken an eine richtig lange Reisemobil-Tour?
Wir wollten wissen, ob unsere Leser ebenfalls Lust haben eine längere Tour zu unternehmen und haben eine kleine Umfrage gestartet. Viele von Ihnen haben uns ihre Erfahrungen und Träume an die Redaktion geschickt. Hier ein paar Antworten:
Sven und Stephanie Nink, per E-Mail: Wer träumt nicht davon, sein "normales" Leben eine Zeit lang hinter sich zu lassen und dem Alltag zu entfliehen? Leider ist das nicht in allen Berufen möglich. Unsere Lieblingsziele liegen im Süden: Italien, Spanien und Portugal. Leider muss man bei solchen Reisen auf die Familie verzichten. Liebe Grüße aus Portugal!
Karin Linnewedel, per E-Mail: Seit Jahren plane ich, meine Steinwände gegen Blechwände zu tauschen. Leider musste ich bisher aus beruflichen Gründen den Traum bis zu meiner Rente aufschieben. Abgesehen davon hatte ich noch nicht das Geld für ein passendes Mobil zusammen ... Alle Pläne sind fertig, ausgemistet habe ich auch schon vieles, lebensnotwendige Sachen für das Leben im Camper habe ich seit langem beisammen – fehlt nur noch der Lottogewinn.
E. und H. Gräf, per E-Mail: Bis zu sieben Monate lang überwintern wir (beide 60 plus) in Spanien, und vor drei Jahren haben wir unser festes Zuhause aufgegeben. Ein Mensch braucht nicht viel zum Leben und um glücklich zu sein. Die warmen Monate verbringen wir in Deutschland auf Stellplätzen an Thermen, die meist in der Nähe von unseren Kindern, Verwandten oder unserer Werkstatt liegen. Sie müssen mindestens über Strom, Ver- und Entsorgung sowie Waschmaschine verfügen. Ohne diese Annehmlichkeiten geht es eben doch nicht. Wer Ähnliches vorhat: nicht zu spät anfangen damit! Denn sonst ist es zu spät. Und: Ohne Meldeadresse geht nichts in Deutschland. Ob wir etwas bereuen? Niemals, das Aussteigen tut uns richtig gut!
Keiko Allgaier, Stuttgart: Ich bin Japanerin und schon seit langem Reisemobilfan. Sobald ich Zeit dazu finde, springe ich mit meinem Mann ins Mobil und fahre irgendwohin weg! Ich brauche das für meine Seele und die Freiheit. Unser Traum ist, von Deutschland über Russland bis nach Japan und dann durch ganz Japan zu reisen. Das wäre so toll ... ich träume jeden Tag davon!
Ulli und Udo Schmitz, per E-Mail: Bereits seit 1986 planen wir eine fünf Wochen lange Skandinavien-Tour. Mehr Urlaub war nicht möglich unter Ausschöpfung der Feier- und Brückentage in Mai und Juni. Der erste Versuch sollte 1987 starten, jedoch kam (herzlich willkommener) Nachwuchs. Also warten wir bis zur Rente 2020 und planen neu und länger – so etwa 100 Tage. Der zweite Versuch sollte 2021 starten, doch zur Zeit haben wir die Corona-Pandemie. Das nächste Jahr ist noch nicht planungssicher; also warten wir auf 2022. Der dritte Versuch soll jetzt 2022 endgültig klappen und so lange dauern, wie er dauert. Wir sind dann beide Rentner – und der Weg ist das Ziel.
Sabine und Ralf Haak, per E-Mail:Was als einjährige Auszeit gedacht war, ist nun seit 13 Jahren unser Leben. Nachdem wir in unserem ersten Reisemobiljahr vor der Überlegung standen, wie wir uns dieses Leben finanzieren können, half der Umstand, dass Ralf (56) als Flugzeugkonstrukteur bei vielen Problemen anderen Mobilisten helfen konnte. Sabine (55) stand handreichend zur Seite. Wir verkauften unser gut gehendes Geschäft, lösten unsere Wohnung auf und eigneten uns das nötige Know-how an, um mit unserem mobilen Wohnmobil-Service professionell zu starten. Die letzten 13 Winter verbrachten wir in Spanien, diesmal sind wir in Griechenland unterwegs.