Ehang 216 aus China
Die Chinesen machen ernst: Schon Ende diesen Jahres könnten sich autonome Passagierdrohnen vollbesetzt über der Stadt Guangzhou erheben und zahlende Fluggäste von A nach B bringen. Das verkündet zumindest der Drohnen-Hersteller Ehang – und feilt mit der Stadtverwaltung bereits an den Details.
Anfang April 2019 zeigte Ehang eines seiner autonomen Flugtaxis zum ersten Mal in Europa: In einem Wiener Fußballstadion ließ man geladene Journalisten mit der Ehang 216 probefliegen – allerdings nur senkrecht hoch und runter, maximal zehn Meter über Grund und nicht länger als ein paar Minuten. Schon damals versicherte Derrick Xiong, Chef des chinesischen Drohnen-Startups Ehang, dass sein Fluggerät sehr viel mehr könne als das, was es da im Stadion ablieferte. Dies zu demonstrieren, war Ehang jedoch nicht gestattet – die Rechtslage ließ es schlicht nicht zu. Außerdem besaß die Ehang 216 keine Zulassung. Ein Flug über das Stadiondach hinaus, eine Reise zum Wiener Prater oder in den Schlossgarten Schönbrunn, war deshalb nicht drin. Und wäre es auch heute nicht.
Kommerzielle Flüge noch in diesem Jahr?
In China ist man da offenbar einen Schritt weiter – mindestens. Zwar sind auch im Reich der Mitte die rechtlichen Voraussetzungen bezüglich Flugtaxis nicht abschließend geklärt. Allerdings könnte sich dies zumindest im Luftraum über Guangzhou sehr bald ändern. Die 11-Millionen-Metropole soll nämlich die erste Stadt weltweit werden, in der es regelmäßige Passagierflüge mit autonomen Flugtaxis gibt. Und das nicht irgendwann, sondern möglichst noch in diesem Jahr, zumindest wenn es nach Ehang und der Stadtverwaltung von Guangzhou geht. Gemeinsam wollen das Startup und die Behörde ein Pilotprojekt mit drei bis vier festen Flugstrecken lancieren. Ob es dazu noch 2019 oder erst 2020 kommt, hängt laut Ehang-Chef Xiong weniger von der Technik als von der Überarbeitung gesetzlicher Vorgaben ab. Technisch seien die Ehang-Drohnen bereits voll einsatzfähig, so Xiong gegenüber dem US-Fernsehsender CNBC.
Redundanz soll Sicherheit schaffen
Tatsächlich testet Ehang bereits seit längerer Zeit seine unbemannten Passagierdrohnen ausgiebig im Flug. Mehr als 2.000 Flüge bei unterschiedlichsten Wetterbedingungen habe man bereits absolviert, so das Unternehmen – ohne gravierenden Zwischenfall. Auch Passagiere seien bereits von den Ehang-Drohnen transportiert worden. Das Design der chinesischen Flugtaxis mit bis zu 16 Elektromotoren, die ebenso viele Propeller antreiben, habe sich dabei als besonders sicher erwiesen. Von den 16 Motoren der zweisitzigen Ehang 216 könnten zum Beispiel sieben ausfallen, ohne dass es gefährlich werde, hatte Xiong anlässlich der Ehang-Europapremiere in Wien gegenüber dem „Spiegel“ versichert. Man habe bei den Tests überdies ausreichend Daten gesammelt, die die Sicherheit sowohl der Ehang 216 als auch der einsitzigen Ehang 184 bewiesen.
Kontrollzentrum für Guangzhou
Bevor Ehangs Flugtaxis aber in größerem Stil über die Köpfe der Bewohner von Guangzhou hinwegsurren können, bedarf es neben der offiziellen Genehmigung auch einer entsprechenden Infrastruktur. Hier wollen Ehang und Stadtverwaltung ebenfalls eng zusammenarbeiten. So soll in naher Zukunft ein Kommando- und Kontrollzentrum entstehen, von dem aus die Flüge der autonomen Fluggeräte über der Stadt koordiniert und überwacht werden können. Auch wolle man gemeinsam Sicherheitsregeln und Markteintrittsschwellen festlegen, kündigte Ehang in einer Pressemitteilung an. Danach muss „nur noch“ die Akzeptanz bei möglichen Kunden hergestellt werden. Gut möglich, dass diese Hürde letztlich die schwierigste wird. Auch für die Chinesen.