Geländewagen-König ab 125.900 Euro
Land Rover bringt den Range Rover in der fünften Generation mit erlesenem Luxus. Diesel, Benziner und Hybridmotoren sind verfügbar. Das Flaggschiff legt die Messlatte wieder höher, wie ein erster Innenraum-Check zeigt. Zu haben ist er ab 125.900 Euro.
Der König ist tot, es lebe der König! Dieser Inthronisationsruf stammt zwar nicht von der Insel, sondern aus Frankreich, aber das passt hier jetzt trotzdem ganz gut. Die fünfte Generation des Range Rover fährt vor und schickt damit ihren Vorgänger zu den Ahnen. Und zwar ohne diesen gleich furchtbar alt aussehen zu lassen. Denn schon auf den ersten Blick ist klar, dass der neue Range Rover das Design-Konzept des Vorgängers beibehält.
Der neue Range Rover – das Design
Genau genommen ist es sogar das Design-Konzept aller Vorgänger. Bereits der vor sagenhaften 51 Jahren vorgestellte Ur-Range Rover besaß ein paar Gestaltungskniffe, die bis heute überdauerten und die Gestalt des Topmodells von Land Rover prägen. Allen voran das "schwebende Dach", das auch beim neuen Modell durch die dunkle Seitenlinie filigran über dem Wagen liegt. Dazu gehören außerdem auch die grundsätzlichen Proportionen mit der langen Front und dem Heckabschluss, der im Oberteil leicht schräg, dann senkrecht nach unten abfällt.
So bleibt auch der neue Range Rover auf den ersten Blick erkennbar, obwohl auf den zweiten Blick die vielen Neuerungen auffallen. Das optisch am stärksten umdesignte Detail betrifft das Heck. In der (selbstverständlich wie eh und je zweigeteilten) Heckklappe integrieren sich die Rückleuchten jetzt als dunkles Design-Element; erst wenn sie angeschaltet werden, sind die schmalen, hohen Lichteinheiten erkennbar. Ein weitere Besonderheit ist die durchgängig "cleane" Karosserie-Gestaltung ohne erhabene Teile wie Griffe oder aufgesetzte Design-Elemente. Lediglich die Außenspiegel und die Dachfinnen des Infotainments ragen aus der Gesamtlinie hervor. Der neue Range Rover sieht dadurch aus wie ein überdimensionaler Handschmeichler.
Der Innenraum
Wie bisher gibt es zwei Radstands-Versionen des Range Rover, wobei der lange (Long Wheel Base, LWB) nun erstmals in der Range Rover-Historie auch als Siebensitzer erhältlich ist – vermutlich eine Entscheidung vor allem für den US-Markt. Feudaler freilich ist es beim LWB mit der Viersitzer-Variante, bei der es sich in Reihe zwei mit den vielfach verstellbaren Komfortsesseln mit gewaltiger Beinfreiheit reisen lässt.
Vorne sitzt man in einem Range Rover aber auch ganz okay, das bleibt auch bei der fünften Generation so. 24-fach verstellbar sind die Sitze auf Wunsch im Topmodell SV Signature Suite, Klimatisierung und Massage sind dabei natürlich Ehrensache. Das Cockpit bleibt der bisherigen Design-Linie treu und setzt auf zurückhaltenden Stil statt protziger Opulenz. Der neue Multimedia-Monitor ist optisch schwebend vor dem Armaturen-Board montiert; er misst jetzt 13,1 Zoll Diagonale.
Online und Multimedia
Apropos Monitor: Hier setzt der neue Range Rover auf eine Bedien-Philosophie wie bei Smartphones und beschert dem Display außerdem eine "Haptic Engine". Dadurch bekommt man bei bestimmten Berührungen ein Feedback wie bei einem gedrückten Knopf. Die Klimaanlagen-Steuerung kann weiterhin ganz klassisch über ein Schalterfeld unterhalb des Zentralbildschirms erfolgen.
Volldigital und mit 13,7 Zoll Diagonale noch großflächiger als bisher werden die Instrumente dargestellt, wobei zahlreiche individuelle Konfigurationen bis hin zum vollflächigen dreidimensionalen Bild des Navigationssystems eingeblendet werden können. Der neue Range Rover ist mit seinem Funkmodul "always on" und kann entsprechend Software-Updates für über 70 im Fahrzeug verbaute Komponenten drahtlos ohne Werkstatt-Aufenthalt eingespielt bekommen. Drahtlos geschieht auch die Einbindung von Apple- und Android-Smartphones über Carplay und Android Auto.
In Sachen Mobulfunk-Einbindung geht der neue Range Rover noch einen Schritt weiter. Erstmals integriert der britische Hersteller das Alexa-System des US-Konzerns Amazon. Das bedeutet einerseits eine intuitive Steuerung von Fahrzeug-Funktionen mit natürlicher Sprache und andererseits die Einbindung in das komplette Amazon-Universum. So lässt sich dann künftig auch das smarte vernetzte Wohnhaus der Range Rover-Besatzung direkt von unterwegs steuern. Dazu benötigt der Range Rover kein Smartphone seines Besitzers, dafür aber dessen Zugangsdaten zum Amazon-Konto.
Erster Innenraum-Check
Der untere Teil der zweigeteilten Heckklappe lädt zum kurzen Verweilen ein. Vor allem dann, wenn ein Teil des variablen Ladebodens als Lehne aufgestellt wird. 300 Kilogramm Gewicht soll die Klappe aushalten. Da kommt man sich als Autor schnell klein und vor allem schlank vor. Die Vollfettstufe wartet dann im Fond des "Long Wheelbase" Range Rover. Vor allem dann, wenn das Auto in der zweiten von drei möglichen Sitzreihen die "Executive Class" bereithält. Zwei große Einzelsitze sind vielfältig elektrisch einstellbar und erlauben vom aufrechten Thronen bis zur Liegeposition für ein Nickerchen jede nur erdenkliche Position. Klima und Infotainment lassen sich bequem über einen kleinen Touchscreen in der Mittelkonsole bedienen.
Dass in jede Himmelsrichtung mehr als viel Platz herrscht, überrascht nicht wirklich, oder? Auch vorne spielt der neue Range Rover die Luxus-Karte aus. Fahrer und Beifahrer machen es sich auf großzügigen Sesseln bequem. Leder und Holzfurniere sorgen für eine gemütliche Atmosphäre. Das Armaturenbrett baut nicht zu hoch und sorgt somit für eine gute Aussicht und entspanntes Ambiente. Der leicht gebogene Touchscreen des "Pivi Pro" genannten Infotainment-Systems zeigt im Prototyp noch einen Demo-Modus, um die hochauflösenden Anzeigen darzustellen. Die Bedienstruktur unterscheidet sich aber dem ersten Blick nach nicht von der in anderen aktuellen Modellen der Marke.
Karosserie und Fahrwerk
Der neue Range Rover baut auf der neuen Plattform MLA-Flex auf. Das steht für "Flexible Modular Longitudinal Architecture", oder übersetzt: flexible modulare Längsarchitektur. Zum Einsatz kommt wieder eine adaptive Luftfederung; die neue Fünflenker-Hinterachse soll dabei ein nochmals gesteigertes Komfort-Niveau erreichen.
Dazu verwendet der Range Rover für das Fahrwerk unter anderem Navigationsdaten, um bereits im Vorfeld auf bestimmte Fahrsituationen eingestellt zu sein. Dadurch wird sowohl das Ansprechverhalten des Fahrwerks als auch das Dynamic Response Pro System beeinflusst. Dabei handelt es sich um einen elektronischen Wankausgleich, der über eine automatische Vorspannung mit bis zu 1.400 Nm Drehmoment die Stabilisatoren beaufschlagt, um den Wagen sauber durch Kurven zu führen.
Serienmäßig bekommt der neue Range Rover eine Allradlenkung, um bis zu sieben Grad können die Hinterräder in beide Richtungen lenken. Bei hohem Tempo parallel, bei niedrigem gegenläufig einlenkend verbessert das System sowohl die Fahrstabilität bei hohem Tempo als auch den Wendekreis. Der liegt bei unter elf Metern und damit auf dem niedrigsten Niveau der gesamten Modellpalette, wie Land Rover mitteilt.
Motoren und Leistung
Bei den Motoren ist das Angebot nur auf den ersten Blick etwas unübersichtlich, denn beinahe das gesamte Portfolio wird von Dreiliter-Sechsyzlindern abgedeckt. Bei den Typbezeichnungen verwendet Land Rover in der jüngeren Vergangenheit jeweils die PS-Leistung als Zusatz, dementsprechend kommt der P400 Benziner auf 400 PS Maximalleistung und 550 Nm; hier handelt es sich um einen Mildhybriden. Ebenfalls Mildhybride sind die Diesel D250 (249 PS und 600 Nm), D300 (300 PS und 650 Nm) und D350 (350 PS und 700 Nm). Mildhybrid bedeutet hier – wie beim Vorgängermodell – der Einsatz eines Riemen-Startergenerators mit Puffer-Batterie.
Neu sind die Plug-in-Hybride P440e und P510e, die den bisherigen PHEV-Antrieb P400e (ein Zweiliter Vierzylinder) ersetzen. Sie verwenden nun ebenfalls den Dreiliter Benziner mit unterschiedlichen Leistungs-Konfigurationen als Basis. Unterstützt werden die beiden Plug-in-Varianten dabei von einer im Getriebe integrierten E-Maschine mit 105 kW/143 PS. Der Range Rover P440e kommt auf eine Systemleistung von 440 PS und 620 Nm. 510 PS und 700 Nm stehen dem Range Rover P510e zu Buche, der allerdings nur mit dem kurzen Radstand kombiniert werden kann. Eine erhebliche Verbesserung gibt es dabei hinsichtlich der Elektro-Reichweite.
Ein großer Lithium-Ionen-Akku mit 38,2 kWh Kapazität (32 kWh nutzbar) verschafft dem großen Luxus-Geländewagen eine elektrische Reichweite von bis zu 113 Kilometern nach WLTP. Dabei sind rein elektrisch bis zu 140 km/h drin – damit dürften sich tatsächlich ein Großteil der Alltagsfahrten ohne ein Tröpfchen Benzin bewältigen lassen. Und flott ist das Ganze auch: 5,6 Sekunden von Null auf Hundert werden für den P510e angegeben; dann allerdings schiebt auch der Sechszylinder mit an.
Weil jedoch manche Range Rover-Kunden Ladekabel allenfalls bei Unterhaltungs-Elektronik tolerieren, gibt es auch weiterhin noch den Über-Range: Der heißt künftig P530 und setzt auf einen V-Achtzylinder-Twinturbo-Benziner mit 4,4 Liter Hubraum und bayerischen Wurzeln, der 530 PS und 750 Nm an den Start bringt und den Range auf bis zu 261 km/h beschleunigt.
Rein elektrisch wird dagegen noch ein wenig dauern. Der Range Rover mit ausschließlichem Stromantrieb wird erst 2024 debütieren.
Preise und Verkaufsstart
Der neue Range Rover ist seit Januar 2022 konfigurier- und bestellbar. Ausgeliefert wird ab Mai. Als Einstiegspreis nennt Land Rover 125.900 Euro für das "Basis"-Modell. Rund 20.000 Euro mehr muss man für den Einstieg beim LWB einkalkulieren (ab 145.400 Euro). Beim Standard-Range bekommt man als Basismotor zum genannten Preis den D250-Sechszylinder-Diesel, beim LWB ist der P400 die Einstiegsmotorisierung. Der P530 Achtzylinder ist ab 154.800 Euro im "kurzen" Range Rover zu haben. An der Spitze der konfigurierbaren Modelle steht der LWB Range Rover in der SV-Ausstattung und dem bärigen Biturbo-V8 für 206.600 Euro.
Wer die neuen Plug-in-Hybrid-Maschinen bevorzugt, sieht sich für den neue Range Rover P440e mit wenigstens 137.800 Euro konfrontiert. Gebaut wird der neue Range Rover übrigens an historischer Stelle: Die moderne Produktionslinie wurde in die ehrwürdige Backsteinhalle verlegt, in der vor über 70 Jahren die ersten Land Rover-Modelle entstanden.