Mit dem Campingbus ans Ende der Welt
Sabine, Hans und ihr Campingbus wollen sich den Traum einer großen Süd- und Nordamerikareise erfüllen. Wir begleiten die bei den auf dieser Reise und berichten immer wieder über ihre Etappen-Ziele. Neuester Stand: Sie sind in Kolumbien angekommen.
- Etappe 1: Start in Argentinien
- Etappe 2: Argentinien, Patagonien, Chile
- Etappe 3: Peru, Ecuador, Kolumbien
Für diese Reise haben wir, Sabine und Hans, uns einen Campingbus zugelegt. Es ist ein Weinsberg Carabus 631 mit 130 PS. Nun meinen sicher viele Menschen, dass dieses Fahrzeug nicht das richtige für solch eine Tour ist. Aber wir haben uns aus mehreren Gründen dafür entschieden. Wichtig war uns, dass es im Straßenverkehr nicht unnötig auffällt. Dieser Bus ist zum Vergleich zu anderen Wohnmobilen wendig und passt auch mal durch eine enge Durchfahrt oder auf eine kleine Fähre.
Wir haben uns für die 6,40-Meter-Variante entschieden, da wir hier bequeme Längsbetten zur Verfügung haben. Sonst ist das Fahrzeug mit einer 200-Watt-Solaranlage, Markise und Rückfahrkamera ausgestattet. Auf den Fernstraßen macht der Weinsberg eine gute Figur. Es geht auf der Ruta 3 aber auch fast immer geradeaus, und die Steigungen sind nicht aufregend. All das wird sich noch ändern.
Etappe 1: Start ins Abenteuer
Unser Start in Buenos Aires hat gut begonnen, und so fahren wir gemütlich gen Süden. Es geht ab jetzt für die nächsten Wochen immer nach Süden. Unser Ziel ist die südlichste Stadt der Welt, Ushuaia. Das sind von Buenos Aires 3079 Kilometer auf der Nationalstraße Ruta 3 in Argentinien und Chile bis an das Ende der Welt am südlichen Zipfel von Südamerika.
Anfangs ist die Umgebung noch abwechslungsreich. Es gibt immer wieder Ortschaften, die zu einem Abstecher einladen. Auf den riesigen Weiden stehen Rinder und Schafe. Ab und zu sehen wir am Straßenrand Grillstationen, an denen frisch gegrilltes Fleisch und Würste angeboten werden.
So fährt es sich auf den Straßen der anderen Seite der Welt
Doch auch wenn die Straßen kilometerweit gerade verlaufen und das Fahren mit Tempomat sehr einfach wird, heißt es aufpassen: Plötzlich ist mitten in der sonst guten Fahrbahn ein tiefes Loch, der Absatz einer Brücke oder eine Vertiefung vor der Ortschaft, damit man das Tempo drosselt. Alles ist sehr schmerzhaft, und das nicht nur für das Fahrzeug. Deshalb heißt es, die Augen immer auf die Fahrbahn richten und auf farbliche Veränderungen achten, denn manchmal sind große Löcher markiert.
Die Verkehrsregeln in Argentinien entsprechen im Wesentlichen den unseren. An die Verkehrszeichen hat man sich auch schnell gewöhnt. Ampelanlagen sind immer auf der gegenüberliegenden Seite der Kreuzung angebracht. Dadurch ist man nicht gezwungen, den Kopf zu verrenken, wenn man in der ersten Reihe steht. Das Fahrverhalten ähnelt auch europäischen Verhältnissen. Je weiter man nach Süden kommt, desto aggressiver wird gefahren. Jeder will der Erste sein. In den Ortschaften wird nicht gern Platz gemacht. Wer ist man denn?
Blinken ist hier nicht besonders beliebt
Also aufgepasst. Allerdings wird bei fast allen Gelegenheiten die Warnblinkanlage betätigt. Wenn man anhalten, losfahren, abbremsen oder sonstige Aktionen machen will, blinken sofort die Leuchten. In der zweiten Reihe halten, um etwas zu erledigen, gehört zum Alltag. Aber daran stört sich auch niemand. Südamerikaner sind gelassen in allen Lebensfragen. Beim Anstehen an der Supermarktkasse entsteht kein Stress, selbst wenn die Kassiererin ins Plaudern gerät.
Außerhalb der Ortschaften zeigt man dem nachfolgenden Verkehr an, dass dieser überholen kann, indem der linke Blinker betätigt wird. Aber vielleicht will jemand auch links abbiegen. Am besten fährt man also vorausschauend.
Es weht ständig ein Wind
Eine weitere Besonderheit in großen Teilen Südamerikas ist der Wind. Und der ist kräftig. Das ist besonders zu beachten, wenn man die Fahrzeugtür öffnet, man auf der Fernstraße überholt oder überholt wird und wenn entgegenkommende Trucks eine Bugwelle vor sich her schieben, deshalb das Lenkrad immer gut festhalten.
Das Tankstellennetz ist modern und gut ausgebaut, allerdings ohne Selbstbedienung. Die meisten Fahrer steigen gar nicht aus. Man gibt den Tankschlüssel ab, nennt die Menge, bezahlt mit der Karte und ruft dem Tankwart oft noch die Geheimzahl zu. An nahezu allen Tankstellen gibt es einen kleinen Shop, und Toiletten sind auch oft verfügbar.
Inzwischen liegen einige hundert Kilometer hinter uns. Wir haben mal einen Stopp an der Atlantikküste gemacht, mal einen Hafen begutachtet, und wir sehen immer öfter Guanakos und Nandus am Straßenrand. Allerdings passiert es auch nicht selten, dass die Tiere auf der Straße ihr Leben lassen.
Wilde Tiere und abenteuerliche Straßen
Bei der Einreise in die Region Patagonien und an der chilenischen Grenze, die man auf unserer Route passieren muss, gibt es mehr oder weniger strenge Kontrollen zum Schutz vor Krankheitserregern. Daher wird hier besonders das Einfuhrverbot von Fleisch, Gemüseund Früchten kontrolliert. Sonsthalten sich die Kontrollen in Grenzen. Die Papiere werden durchgesehen, nach unserer Herkunft gefragt, was oft staunende Gesichter auslöst, und weiter geht es mit guten Wünschen für die Fahrt.
Wir entschließen uns, auf die Halbinsel Valdés zu fahren. Dort gibt es mit etwas Glück Pinguine, Seelöwen, See-Elefanten, Wale und Orcas zu sehen. Wir sind gespannt. Mangels Hauptstraßen erleben wir hier, was es bedeutet, über Pisten zu fahren. Um die Aussichtspunkte zu erreichen, sind rund 200 Kilometer Schotter zu bewältigen. Es staubt, es schüttelt, und alles, was nicht fest verstaut ist, wird durchgerüttelt. Dafür ist unser Campingbus nicht gebaut.
Die Argentinier haben keine Bedenken. Sie fahren mit ihren Autos, ob kleinem Pkw, Pick-up oder Lkw, ohne Rücksicht über diese Straßen, was wir später noch öfter ertragen müssen.
Nach dieser Etappe ist unser Campingbus so eingestaubt, dass es Tage dauern wird, bis es wieder sauber ist – ich meine den Innenraum. Es gibt kein Fleckchen und kein Fach, das nicht dick mit Staub ausgefüllt ist. Der Haussegen hängt schief, und bis die ersten Reinigungen vollbracht sind, herrscht dicke Luft.
Also wird in Zukunft langsam auf derartigen Pisten gefahren und nur dann, wenn es sich nicht vermeiden lässt. Mehrmaliges Aufsetzen an verschiedenen Straßenhöckern gibt unserer ausfahrbaren Eingangsstufe den Rest. So demontiere ich das Teil, und wir trennen uns schweren Herzens davon.
Außergewöhnliche Landschaften
Abseits der Hauptroute unternehmen wir Abstecher. Bei Sarmiento besuchen wir versteinerte Wälder. Die Stadt ehrt mit einem Denkmal den Abenteurer Aimé Tschiffely, der mit zwei Pferden von 1925 bis 1928 von Buenos Aires bis nach Washington D.C. geritten ist. Was für eine Tour.
Von Puerto Deseado aus unternehmen wir Bootstouren an die Küsten des Atlantiks, um aus nächster Nähe Pinguine, Seelöwen und Delfine zu sehen. Es ist ein lustiges Spiel. Seit ein paar Jahren gibt es dort Felsenpinguine, die sonst nur auf den Falklandinseln, weit vor der Küste, vorkommen.
Für Argentinier ist der Falklandkrieg um genau diese Inseln im ganzen Land gegenwärtig. Es gibt keine Ortschaft, in der nicht mit einem Denkmal an die sinnlos gefallenen jungen Menschen gedacht wird.
Wir nähern uns dem Ziel unserer ersten großen Etappe, überqueren die Magellanstraße und erreichen Feuerland. Das Gelände erhebt sich, und schon bald können wir über den Wäldern die ersten schneebedeckten Berge entdecken.
Eine herrliche Landschaft empfängt uns nach unzähligen Kilometern durch ebene Wiesen und Steppen. Und da breitet sich diese besondere Stadt im Süden der Welt vor uns aus: Ushuaia. Die äußeren Stadtgebiete glänzen aber nicht unbedingt durch Schönheit. Auch das Zentrum am Hafen, wo Antarktis-Kreuzfahrtschiffe anlegen, hat eher den Charme einer Touristenmeile.
Keine Campingplätze weit und breit
Campingplätze sind im Süden des Landes nicht mehr zu finden. So bezeichnet man hier meist Rasenflächen mit Grillplätzen, auf denen sich einheimische Familien am Wochenende treffen, oft umrahmt von lauter Musik. Deshalb müssen wir uns anders behelfen. Mal übernachten wir an einer Tankstelle, die für Lkw-Fahrer mit WC und Duschen ausgestattet ist, mal auf einem Parkplatz und manchmal einfach am Straßenrand.
Um unser Ziel, das Ende der Ruta 3, zu erreichen, fahren wir weiter durch enge und hügelige Waldwege. Am "Unidad Postal del Fin del Mundo", dem südlichsten Postamt lassen wir uns noch eine Garnitur Erinnerungsstempel in den Pass eintragen. Und dann fahren wir noch ein wenig – bis die Straße am Kilometer 3079 endet.
Ab jetzt geht es wieder nach Norden entlang der Westseite des Kontinents, wo Gletscher, Vulkane und das längste Gebirge der Welt auf uns warten.
Etappe 2: Wüsten, Wald und wilde Berge
Wir haben Feuerland verlassen und befinden uns wieder in Patagonien. Aber dieses Mal auf der chilenischen Seite. Auch hier gibt es das Ende der Welt. Chiles südlichste Stadt heißt Punta Arenas und liegt an der Magellanstraße, die den Pazifik und den Atlantik verbindet. Von hier fahren die Kreuzfahrtschiffe um das Kap Horn und in die Antarktis.
Für uns geht es nicht weiter in den Süden, da wir es unserem Campingbus nicht zumuten können. Diese Straßen sind nur noch mit entsprechend robusten Autos zu befahren. Aber auch so genießen wir die Umgebung mit den Bergen und teilweise schneebedeckten Gipfeln. Wir haben Glück mit dem Wetter. Während zu Hause Winter herrscht, scheint hier fast jeden Tag die Sonne und die Temperaturen halten sich immer über null. Aber abends sind wir froh, dass wir eine Gasheizung an Bord unseres Weinsberg haben. Von nun an geht es immer nach Norden, im weitesten Sinne auf der Panamericana, die uns bis nach Nordamerika führen soll.
Im Nationalpark Torres del Paine kommen wir gewaltigen Gletschern bis auf wenige Meter ganz nah. Es ist ein erhabenes Gefühl, wenn man bedenkt, dass dieses Eis mehrere tausend Jahre alt ist. Es gibt auch viele Pflanzen und Tiere zu sehen. Die Gegend ist angenehm grün. Wir haben sogar das Glück, einen Puma zu sehen.
Über Schotterpisten durch die Anden
Wieder einmal wechseln wir das Hoheitsgebiet und fahren auf der argentinischen Seite weiter. Von nun an werden die Anden für mehrere Monate unsere Herausforderung. Sie gehören zu den längsten Gebirgszügen der Welt. Mit weiteren Superlativen werden wir es noch zu tun bekommen. Für unseren Campingbus sind die kilometerlangen Schotterpisten die schwierigste Aufgabe. Gespickt mit tiefen Schlaglöchern, Felsbrocken und Straßenabbrüchen, kämpfen wir uns manchmal nur im Schritttempo voran. Argentinier und Chilenen haben da weniger Skrupel. Aber wir wollen unser "Häuschen" möglichst unbeschadet wieder mit nach Hause bringen. Es geht regelrecht durch die Knochen, wenn es mal wieder nicht möglich war, einem Hindernis auszuweichen.
Wir machen Station in El Calafate am Lago Argentino. Ein wunderschöner Flecken Erde und Anziehungspunkt für Touristen. Hier haben wir die Möglichkeit, dem Los Glaciares, einem weiteren Gletscher, ganz nah zu kommen. Gegenüber wurde eine Aussichtsplattform errichtet. So kann man in aller Ruhe auf das Abbrechen von Eisbrocken, das Kalben, warten.
Weiter im Norden erreichen wir eine weitere touristische Hochburg: Cerro Fitz Roy, zwar mit einer Höhe von 3.405 Metern noch nicht besonders hoch, aber durch die südliche Lage doch schneebedeckt. Ein Paradies für Kletterer und Wanderer, aber man sollte gut trainiert sein. Wir fahren weiter. Kilometer für Kilometer kämpfen wir uns durch Wüste und Steppe. Fast hinter jeder Biegung der Straße wechseln die Felsen ihre Formen und Farben, manchmal ändert sich auch die Qualität der Straße.
Geeignete Übernachtungsplätze zu finden bleibt eine tägliche Herausforderung. Immer wieder stehen wir zwischen den Trucks an der Tankstelle. Immerhin sind das sichere Plätze und die wichtigsten sanitären Einrichtungen sind meist auch da.
Wir müssen uns entscheiden. Bleiben wir auf der argentinischen Seite oder wechseln wir nach Chile? Am Lago Buenos Aires überqueren wir schließlich die Grenze nach Chile, wo der gleiche See Lago General Carrera heißt. Mit der Grenzabfertigung haben wir inzwischen etwas Routine. Ganz wichtig ist das Einreiseformular für das Fahrzeug, sonst gibt es bei der Ausreise Probleme.
Wir setzen mit einer Fähre über den See Richtung Norden. Es ist eine angenehme Art der Fortbewegung, auch wenn es recht stürmisch ist. Die Nacht verbringen wir auf einem Bauernhof in den Bergen und beobachten am Morgen den Auftrieb der Kühe auf die Weide. Es ist Sonntag und wir haben außerdem das Glück, in einem kleinen Ort ein Rodeo mitzuerleben. Bewundernswert, wie die Reiter ihre Pferde beherrschen und die Stiere treiben.
Bergauf und -ab durch Wälder und Täler
Uns treibt es weiter auf der Ruta 7, der Carretera Austral. Die Landschaft erinnert uns oft ans Allgäu. Dagegen versprühen Ortschaften selten eine angenehme Atmosphäre. Das Leben ist rau, die Gegend dünn besiedelt. Straßen sind oft nicht befestigt und einige erinnern mehr an einen Steinbruch als an Fernstraßen. Hinzu kommt, dass wir immer wieder bergauf und bergab fahren müssen. Wir muten unserem Häuschen anständig was zu. Dabei passieren wir dichte Wälder und schöne Täler. Oft müssen wir dabei Brücken befahren, die wenig Vertrauen erwecken.
Die vielen Seen überqueren wir mit diversen Fähren, bis wir Puerto Montt erreichen. Ab hier sind meist auch die als Nebenstraße ausgewiesenen Wege asphaltiert. Eine Erleichterung für Mensch und Maschine. Das Klima wird milder und wir passieren Obstplantagen, wie wir sie von zu Hause kennen. Hinzu kommt, dass viele Namen deutsch klingen. Hier haben sich in vergangenen Jahrhunderten deutsche Auswanderer angesiedelt.
So lassen wir uns in Omas Café den edlen Kuchen bei einer Tasse Kaffee schmecken. Wenn nicht im Hintergrund die schneebedeckten Vulkane wachen würden, könnte man sich in Deutschland fühlen. Ein Abstecher führt uns ans Meer, den Stillen Ozean, wo man Seelöwen, Seeelefanten und Geier beobachten kann. Am Fischmarkt von Valdivia werden wir von der Vielzahl dieser Tiere überrascht, die es sich an den Resten der Fischverarbeitung gut gehen lassen.
Auf der weiteren Strecke benutzen wir immer wieder einmal die Autobahn. Sie wird natürlich von allen Verkehrsteilnehmern genutzt, auch Fahrrad- oder Mopedfahrern. Busse halten, wo es von den Passagieren gewünscht wird. In unregelmäßigen Abständen werden wir von Mautstationen ausgebremst. Und mit der Zeit macht sich das im Geldbeutel bemerkbar. Die Qualität der Straße ist auch immer wieder mit Überraschungen versehen.
Wir kommen durch herrliche Weinbaugebiete. Der chilenische Wein ist erlesen und die Weingüter werben an der Straße mit ihren Produkten. Bevor wir in die Hauptstadt Santiago fahren, machen wir noch einen Abstecher an die Küste. Valparaíso und Viña der Mar locken die Großstädter in ihren Freizeitangeboten. Das Wasser lädt aber noch nicht zum Baden ein. Durch die Strömung aus dem Polargebiet ist das Wasser kalt. In Concón wurde die Stadt in die riesigen Sanddünen gebaut. Ob das von Dauer ist, wissen wir nicht. Weiter außerhalb der Stadt werden die Dünen für Offroadfahrten mit Autos und Motorrädern genutzt. Das muten wir unserem Fiat natürlich nicht zu.
Sightseeing in der Hauptstadt
Dann erobern wir die Millionenstadt Santiago de Chile. Die Suche nach einem Stellplatz erweist sich wieder einmal als schwierig. Die im Netz angepriesenen Plätze gibt es nicht oder sie sind nicht für die Nacht geeignet. So kommen wir in einer Seitenstraße, in einem besseren Wohngebiet, am Straßenrand zu stehen. Die Anwohner, die wir treffen, bestätigen uns, dass wir dort beruhigt stehen können. Die ständigen Patrouillen von Sicherheitsfirmen bestätigen uns diese Aussagen. Mit Seilbahn, Schrägzuggondel und Bus gelangen wir ins Stadtzentrum und bis in die berühmte Metropolitan Kathedrale.
Nach dem Sightseeing sind wir wieder auf der Straße. Unser Ziel: die Überquerung der Anden. Dies fordert von Mensch und Maschine größte Anstrengungen. Eine steile Auffahrt in unendlichen Serpentinen mit etlichen Spitzkehren und natürlich Gegenverkehr erlaubt meist nur die Fahrt im ersten und zweiten Gang. Auf der argentinischen Seite bewundern wir den Gipfel des Cerro Aconcagua, des höchsten Berges des gesamten amerikanischen Kontinents. Wir spüren die Höhe ebenfalls. Die Luft ist dünn und jede Bewegung fällt uns schwer.
Für diese Strapazen werden wir in Mendoza belohnt. Diese kleinstädtisch wirkende Großstadt mit ihren von Schatten spendenden Bäumen gesäumten Alleen lädt zum Verweilen ein, um in einem Straßencafé eine Erfrischung zu genießen. Wir nutzen die Zeit zum Besuch von Weingütern und einer Olivenfarm. Meist handelt es sich um große, modern ausgestattete Güter. Bei unserer Weiterfahrt nach Norden durchqueren wir endlos scheinende Ebenen mit wüstenhaftem Charakter. Aber die Berge der Anden versorgen die weiten Wein- und Olivenfelder mit Wasser.
Immer wieder queren wir alte Eisenbahngleise, die als Überbleibsel einer anderen Zeit Zeugnis abgeben. Durch die trockene Luft findet die Oxydation nur sehr langsam statt. Aber der feine Sand und der Wind leisten ganze Arbeit.
Wir müssen uns wieder einmal für eine Richtung unserer Weiterfahrt entscheiden. Es geht zurück nach Chile. Als Zwischenstopp verweilen wir an einem Bergsee, der von Windsurfern als ideales Trainingsgebiet entdeckt wurde.
Wieder steht eine Überquerung der Anden an. Wir kämpfen uns auf steilen Schotterwegen den Pass hinauf. Der Motor unseres Häuschens bekommt irgendwann nicht mehr genug Luft und wir müssen eine Verschnaufpause einlegen. Die Kontrollleuchte sagt uns, dass wir eine Fachwerkstatt aufsuchen sollen. Aber wo? Dann geht es doch noch mal weiter und wir erreichen die Passhöhe mit bizarren Schneeablagerungen, die durch die Sonneneinstrahlung entstehen. Die Abfahrt klappt dann ohne Probleme bis in die Tiefebene.
Wüste, Geysire und heiße Quellen
Es geht durch die Atacama-Wüste bis in den kleinen Ort San Pedro, der mit dem Tourismus überfordert scheint. Von hier aus unternehmen wir einen organisierten Ausflug in die Berge, um Geysire und heiße Quellen zu bewundern. Wir kommen in den Bereich der 5000er. Und das fällt dem Körper doch sehr schwer.
Unser Fiat hat dagegen Fußweh. Ein hinterer Reifen verliert seit ein paar Tagen Luft. Es wird Zeit, eine Werkstatt aufzusuchen. Davon gibt es viele. Man kann sie aber nicht mit europäischen Maßstäben messen. Und wir haben auch schon so einige Schauergeschichten gehört. Aber es hilft nichts. Nach einer kurzen Erklärung unseres Problems winkt uns der Mechaniker auf die Betonfläche. Wartezeiten gibt es praktisch nicht. Dann den Wagenheber angesetzt und bald steckt das Rad in einem Wasserbecken. Aus der undichten Stelle sprudeln lustig die Luftblasen. Ein acht Zentimeter langer Nagel hat es sich hier bequem gemacht. Schon ist das Rad wieder am Wagen und das Ganze kostet nicht viel.
Uns zieht es wieder Richtung Meer. Wir durchqueren wieder endlose Wüsten und treffen dabei auf ganz dicke Brummer. Diese Superkipper sind so groß wie Einfamilienhäuser und ein Rad ist größer als unser ganzes Auto. Mit diesen Riesen werden Kupfererze und andere Mineralien transportiert. Später fahren wir in langen Kolonnen spezieller Lkw, die diese Stoffe zu den Häfen an die Küste bringen.
Unsere Fahrt geht weiter nach Norden. Die Landschaft ist meist bergig, aber die Wüste bleibt uns treu. Unsere Suche nach Übernachtungsplätzen wird aber nicht einfacher. Oft stehen wir am Strand oder auch mal einfach am Straßenrand. Manchmal haben wir auch Glück und eine chilenische Familie verbringt ihre freie Zeit beim Campen. Ein oder mehrere Zelte, eine Kochstelle und oft auch ein WC-Zelt mit Eimer und schon ist alles perfekt. Es wird gekocht, gegrillt und es spielt immer laute Musik, jeder natürlich eine andere.
Mit dieser Etappe haben wir Chile und Argentinien durchquert. Zwei riesig lange Länder, die mit unseren Vorstellungen von Entfernungen nicht vereinbar sind. Wir haben mehrere Klimazonen durchfahren und dachten manchmal schon, die Straße nimmt kein Ende. Ab der Grenze von Peru wird sich einiges ändern.
Etappe 3: Peru, Ecuador und Kolumbien
Unser erstes Ziel in Peru: der Titicacasee auf fast 4.000 Meter Höhe. Die anfangs gut befestigte Straße ist irgendwann nur noch einspurig und führt in scharfen Kurven steil in die Berge. Der Motor unseres Häuschen genannten Weinsberg hat schwer zu arbeiten. Es geht nur im ersten und zweiten Gang weiter. Die schneebedeckten Gipfel der 5.000er kommen näher. Plötzlich will der Motor nicht mehr. Die Kontrollleuchte ruft in die Werkstatt. Also anhalten. Draußen sind es nur ein paar Grad über null. Dazu fällt uns das Atmen in der dünnen Luft schwer. Sabine muss sich hinlegen. Dann beginnt noch ein Graupelregen. Wir sind am Boden. Ich stoppe einen entgegenkommenden Pkw, und man gibt mir zu verstehen, dass die Straße schlechter wird. Ich soll zurückfahren.
Am nächsten Morgen fahren wir zu einer Werkstatt. Nachdem ich mit der Übersetzungs-App unser Problem geschildert habe, rollen wir auf die Grube. Das Öl muss raus, der Luftfilter wird ausgeblasen, Kühlflüssigkeit nachgefüllt, aber ein Diagnosegerät haben sie nicht. Wir müssen zwei Straßen weiter zu Pedro, der die Fehler auslesen kann. Das Ergebnis: Der Dieselfilter muss getauscht werden; Ersatz ist nicht zu bekommen. Ich krame den aus Deutschland mitgebrachten Filter raus. Schnell ist alles eingebaut, und der Motor läuft. Irgendwie anders, aber anscheinend besser.
Ankunft am Titicacasee
Also wieder auf die Piste. Diesmal machen wir einen Umweg über eine Fernstraße. Gegen Abend kommen wir in Puno am Titicacasee an. Der erste Eindruck ist nicht überwältigend. Es ist bedeckt und Zeit, ein Quartier zu suchen. Das klappt auf einem Hof eines Hostels. Wir sind müde, dennoch lässt uns die Höhe und Kälte nicht gut schlafen. Am Morgen geht es in die Stadt. Wir entschließen uns, unser Häuschen auf einem großen Parkplatz abzustellen und mit einem Boot zu den schwimmenden Dörfern aus Schilfrohr zu fahren. Alles ist hier auf Tourismus ausgerichtet. Wir treffen bei der Bootstour Backpacker aus Deutschland und können Erfahrungen austauschen. Auf dem Rückweg merken wir, dass sich unsere Körper nicht an die Höhe gewöhnt haben. Und dabei sind es noch keine 4.000 Meter. Wir kehren um. Machu Picchu muss auf uns verzichten.
Die Straße ist stark befahren, und das ist oft nicht lustig. Es regnet, und mangels sicherer Übernachtungsplätze fressen wir uns in die Dunkelheit hinein, bis wir in Arequipa einen riesigen Truckerparkplatz finden. Am nächsten Morgen scheint die Sonne wieder, und wir besichtigen die wunderschöne Innenstadt von Arequipa. Die Welt scheint wieder in Ordnung.
Weiter geht es entlang des Pazifiks in Richtung Norden. Das Wasser ist immer noch sehr frisch. Wir übernachten mal am Strand, mal auf einem Campingplatz. Und es gibt tolle Plätze. In Ica verschwinden wir inmitten von Dünen hinter hohen Mauern und einem großen Tor im Eco Camp. Hier stehen feste Zelte, ein Restaurant und eine Poolbar. Alles sehr verlockend.
Boxenstopp in Lima
Lima, die peruanische Hauptstadt, rückt näher. Große Städte können uns nicht begeistern, aber die Gummis auf der Vorderachse wollen gewechselt werden, und in der letzten Werkstatt gab es nur chinesische Reifen. Zum Übernachten mieten wir uns auf dem Hinterhof des Deutschen Clubs ein und können die gesamte Anlage mit Pool und Restaurant benutzen. Die Elite ist eingemauert und abgeschottet. Am nächsten Tag finden wir eine Reifenwerkstatt. Wir tragen unser Problem vor. Si, si, si, heißt es. Dann stellt sich heraus, dass es in der benötigten Größe nur Winterreifen gibt. Egal, wir wollen nicht noch weiter rumkurven. Also fahren wir bei steigenden Temperaturen mit Schneeschuhen.
Lima entlässt uns entlang kilometerweiter Hüttenlager. Auf einem Strandparkplatz gönnen wir uns und unserem Häuschen wieder etwas Ruhe, bevor wir in Chan-Chan Ausgrabungsstätten bewundern. Erstaunlich, was für eine Stadt aus Lehm die Menschen hier vor Jahrhunderten geschaffen haben.
Wir verlassen die Küste und wagen es wieder in die Berge. Die Flusslandschaft unterhalb eines Stausees lädt zum Übernachten ein, aber alles ist eingezäunt und verschlossen. Vielleicht liegt es an meinem inzwischen lang gewachsenen Bart oder an meinem "tollen" Spanisch, jedenfalls lässt uns ein Wachmann nach einem kurzen Telefonat auf eine Anlage mit Schwimmbad. Der Platz soll nichts kosten, aber ein paar Peso als Dankeschön wechseln dann doch den Besitzer. Nach einer ruhigen Nacht besucht uns ein Mann auf einem Moped und zeigt uns das Gelände mit Wohnhäusern, Schule und Werkstätten. Dann die Überraschung: Wir fahren durch den Staudamm hindurch. Auf der anderen Seite steht ein Maschinenhaus mit Generatoren. Man erklärt uns, dass die Anlage von einer deutschen Firma gebaut wurde. Da wird man etwas stolz, muss aber auch an die Großprojekte in Deutschland denken, die nicht fertig werden.
Auf dem Weg zu weiteren Sehenswürdigkeiten fahren wir wieder aufwärts, um dann geschätzte 2.000 Höhenmeter auf schmalen, steilen Straßen wieder bergab zu kurven. Bei Gegenverkehr hält derjenige an einer Ausweichstelle, der sie zuerst erreicht. Manchmal gibt es aber auch eine "Diskussion" um die Vorfahrt.
Bei der Überquerung des Rio Maranon wird uns bewusst, dass auf unserer Strecke ab jetzt alle Flüsse in den Amazonas und damit in den Atlantik fließen. Und wir sind tausende Kilometer davon entfernt. Die Straße ist eine der schwierigsten, die wir bisher gefahren sind. Steil bergauf, scharfe, unübersichtliche Kurven und an manchen Stellen so breit wie unser Weinsberg. Dabei geht es immer auf einer Seite ohne Leitplanken senkrecht bergab. Erdrutsche zeigen uns, dass alles in Bewegung ist.
Zur Übernachtung stehen wir auf dem Marktplatz einer kleinen Stadt in Sichtweite der Polizeistation. Das gibt ein sicheres Gefühl. Zu Fuß erreichen wir bei einer Wanderung den Wasserfall Gocta, mit 771 Metern Fallhöhe, einer der höchsten der Erde. Sonst finden sich in Peru an vielen Stellen historische Ausgrabungsstätten, die von hochentwickelten Zivilisationen zeugen und wirklich beeindrucken.
Wir fahren wieder an die Küste und wollen in Chiclayo einen Hexenmarkt besuchen. Er ist nicht nur für das Angebot von Kräutern und anderen skurrilen Gegenständen bekannt. Hier sollen auch Langfinger besonders aktiv sein. Obwohl wir einen Parkplatz finden, der uns sicher erscheint, müssen wir nach unserem Besuch auf dem Markt feststellen, dass jemand durch das Seitenfenster in den Weinsberg gestiegen ist und Laptop sowie Handy geklaut hat, sehr ärgerlich.
Am nächsten Tag beschließen wir, weiter nach Norden zu fahren. Es geht kilometerweit durch die Wüste zu den nördlichsten Pazifikstränden in Peru. Wir durchfahren Touristenorte mit Surfern und Sonnenhungrigen. Gegen Abend finden wir auch für uns einen Platz auf einem Strandgrundstück, das von einem Schweizer Paar geführt wird, eine Überraschung. Hier stehen schon Camper aus Deutschland, Spanien und Frankreich. Wir rasten für zwei Tage und genießen die Postkartenidylle.
Wasserfälle, Täler und Vulkane in Ecuador
Dann geht es nach Ecuador. In Cuenca haben wir das Glück, dass uns ein dort lebender Spanier seine Wahlheimat zeigt. Auf unserem weiteren Weg erleben wir herrliche Landschaften, Wasserfälle, Täler und Vulkane. Aber die Höhen machen uns immer wieder zu schaffen. Unsere Körper gewöhnen sich einfach nicht daran und zwingen uns, einige Sehenswürdigkeiten auszulassen.
Unser nächstes Ziel ist der Äquator, sichtbar am Monument nahe der Hauptstadt Quito und Namensgeber dieses schönen Landes. Ecuador ist das einzige Gebiet in Südamerika, in dem der Äquator an festen, natürlichen Orientierungspunkten verläuft, den Gipfeln der Anden.
Der Campingplatz von Hans Sommerwind in der Nähe von Ibarra gilt bei Reisenden als feste Institution. Beim ausgewanderten Deutschen gibt es angenehme Stellplätze, Waschmaschinen, selbstgebackenes Brot, Kuchen, Marmelade und so manchen Tipp für die Reise. Wir gönnen uns einen zusätzlichen Ruhetag und bereiten uns auf das nächste Land vor: Kolumbien.
Über die Grenze nach Kolumbien
Der Grenzübergang ist wie ein großer Jahrmarkt. Wenn wir nicht die Stempel in den Pässen und die entsprechenden Papiere für das Fahrzeug benötigen würden, wäre es in dem großen Durcheinander wohl niemandem aufgefallen, wenn wir einfach durchgefahren wären.
Nach einer Übernachtung auf dem Parkplatz einer Seilbahnstation besuchen wir die Wallfahrtskirche Ibarra las Lajas. Mit der Seilbahn gleiten wir von oben in das Tal und bewundern die Kirche vor der Kulisse eines Wasserfalls in einer wunderschönen Tallandschaft. Das Reisen in Kolumbien stellt uns immer wieder vor besondere Herausforderungen. Viele Baustellen, schwierige Straßenverhältnisse auf den kurvenreichen und bergigen Strecken und rücksichtslose amerikanische Trucker erfordern hohe Konzentration.
Bei einem Abstecher nach Silvia, einer kleinen Stadt in den Bergen, erleben wir den Markt, wo die ältesten Ureinwohner Kolumbiens, die Guambianos, aus den umliegenden Dörfern zusammenkommen, um ihre Waren zu verkaufen, sich zu versorgen und Neuigkeiten auszutauschen.
Die Nacht verbringen wir auf der Finca la Bonanza. Kika, die Betreiberin, und ihre Familie nehmen uns freundlich auf. Gemeinsam mit französischen und litauischen Campern findet am Abend ein Briefing statt. Wir erfahren, dass ein Generalstreik angekündigt ist, der auch für Touristen nicht ungefährlich ist. Das zentrale Landesgebiet wird für einige Tage gesperrt sein. Wir richten uns entsprechend ein.
Eine lange Fahrt durch die Berge bis in die Nacht bringt uns bis zu einer kleinen Kaffeefarm hinter der Großstadt Medellin. Dort werden wir in den Ablauf der Kaffeeernte eingeweiht und dürfen natürlich kosten. Auf dem weiteren Weg nach Norden wird die Vegetation trockener, die Luft heißer und schwüler. Der Weg bis zum Meer ist weit und steinig. Aber dann haben wir es geschafft und finden einen guten Platz, um uns auf die nächste Herausforderung vorzubereiten. Aber das erzählen wir in unserem nächsten Bericht.