A6 Avant, 530d Touring, XF Sportbrake im Vergleich
Mit dem XF Sportbrake zielt Jaguar auf stilbewusste Kombi-Käufer. Ob der noble Engländer mehr kann als nur mondän vorfahren, zeigt er im Vergleich mit der deutschen Premium-Konkurrenz.
Sollten Sie womöglich denken, Jaguar und Kombinationskraftwagen passten nicht zusammen, liegen Sie falsch. Zwar brauchte die englische Nobelmarke bis 2004, bevor sie mit dem X-Type Estate den ersten werkseitigen Kombi produzierte. Doch Steilheckautos der Marke gab es viel früher, als Audi noch DKW hieß und BMW Barockengel baute. Abgefahrene Shooting Brakes auf XK 150-Basis etwa oder den berückend schönen XJS-Ableger Lynx Eventer. Dieser Tradition fühlt sich der Jaguar XF Sportbrake offenbar eher verpflichtet. Das ist nicht nur am Namen zu erkennen, sondern ebenso am Design.
Eleganz als Lebenseinstellung beim Jaguar XF Sportbrake./strong>
Der neue Steilheck-Jaguar ist fraglos ein elegantes Auto, die gestreckte Dachlinie steht dem Jaguar XF Sportbrake gut. Kein Vergleich zum etwas klobigen Hinterteil des X-Type Estate, auch wenn bei dessen Entstehen Pininfarina beteiligt war. Schön sein ist eine Primärtugend für Jaguar-Automobile, denn zumindest hierzulande werden die Autos der Marke eher als Ausdruck einer Lebenseinstellung als zum Erfüllen von Mobilitätsanforderungen gekauft.
Das wiederum können die deutschen Premium-Wettbewerber sehr gut, weshalb der Jaguar XF Sportbrake 3.0 D in schnöden Messwerten und Punkten zeigen muss, ob er im Vergleich mit Audi A6 Avant 3.0 TDI Quattro und BMW 530d mithalten kann. Groß ist er, der Jaguar XF Sportbrake, misst vom vorderen bis zum hinteren Ende fast fünf Meter. Das sind ein paar Millimeter mehr als bei Audi und BMW, kein entscheidender Faktor in dieser Klasse. Mehr Wert dürften die meisten Kombikäufer auf großes Ladevolumen und gute Nutzbarkeit legen, selbst wenn sie nicht täglich Sättel, Golfbags oder Snowboards in die Ladeabteile wuchten. Doch wichtig zu wissen, dass sie es könnten.
Drei Kombis mit viel Platz
Mit der schieren Größe ist das Kombitalent des Jaguar XF Sportbrake keinesfalls erschöpft, er fasst beinahe 1,7 Kubikmeter Ladung (1.675 Liter) und damit praktisch genauso viel wie die bayerische Konkurrenz (Audi 1.680 Liter, BMW 1.670 Liter). Praxisrelevanter sind da schon die Unterschiede im maximal möglichen Quadermaß. Hier leistet sich der Audi eine kleine Schwäche, die man jedoch getrost ignorieren kann, wenn es nicht häufiger gilt, Küchengeräte oder ähnlich sperrige Fracht zu transportieren. Wegen der seitlichen Dacheinzüge und der vergleichsweise kleinen Ladeöffnung kapituliert der A6 vor zu großen Kisten.
5er Touring und Jaguar XF Sportbrake bieten da mehr Möglichkeiten, auch weil sich beide mit glattflächigen Frachtabteilen, niedriger Ladekante und stufenlosem Übergang von Heckabschluss zu Kofferraumebene leichter und besser beladen lassen. Wenig Unterschiede gibt es übrigens bei der Zuladung; zwischen 482 Kilogramm (Jaguar XF Sportbrake. und 494 Kilogramm (Audi und BMW) dürfen eingepackt werden, nicht üppig, doch mehr als ausreichend in den meisten Fällen.
Beste Sitze im BMW 530d Touring
So können jeweils vier Personen samt viel Gepäck auf große Fahrt gehen. Zwar dürften fünf mitreisen, doch die mittleren Plätze sind bestenfalls für Kurztrips zumutbar. Auf allen anderen Sitzen ist - was Wunder in dieser Preisklasse - Wohlfühlen angesagt. Am besten gelingt das im Fünfer, der vor allem in der vorderen Reihe mit den aufpreispflichtigen Komfortsitzen (2.260 Euro) so ungefähr das Beste auffährt, was es an automobilen Sitzgelegenheiten derzeit gibt. Da müssen sich die ähnlich teuren, straffer gepolsterten Audi.Komfortsitze (2.500 Euro) genauso geschlagen geben wie die Sessel des Jaguar XF Sportbrake. Die sind zwar auch straff und gut ausgeformt, doch bieten sie insgesamt zu wenig Halt.
Weitere Abstriche müssen die Hinterbänkler im Jaguar XF Sportbrake machen. Die Sitzbank zwingt sie zu einem etwas steilen Kniewinkel, die schräge Lehne erschwert zudem ermüdungsfreies Sitzen. Dafür genießen sie eine wahrlich fürstliche Kopffreiheit. Dank der nach hinten gestreckten Dachlinie bietet der Jaguar XF Sportbrake.Kombi im Fond fünf Zentimeter mehr Luft nach oben als die Limousine.
Dieselmania: Zwei V6, ein Reihensechszylinder./strong>
Einigkeit dagegen beim Antrieb. Große Dieseltriebwerke passen nun mal sehr gut zu großen Kombis, am besten mit sechs Zylindern, um sich ein wenig von der Vertreter-Klasse abzuheben. Audi A6 Avant und Jaguar XF Sportbrake kommen mit V6-Antrieb, der BMW mit einem der ehemals markentypischen Reihensechszylinder. Die sind raumökonomische Katastrophen, weil sie viel Platz beanspruchen, doch wegen des guten Massenausgleichs schwingungstechnische Wunderwerke.
Das beweist aufs Neue der 258 PS starke Selbstzünder des 530d. Der hält sein nagelndes Arbeitsprinzip und die Massenkräfte der auf und ab schießenden Großkolben so geschickt im Zaum, dass er fast genauso gut als kultivierter Benziner durchginge. Die feine, sanft und nie hektisch schaltende Achtstufen-Automatik passt hervorragend dazu. Das alles fügt sich zum Bild einer fast perfekten Antriebseinheit zusammen, die selbst in der oberen Mittelklasse nicht alltäglich ist. Auch beim Jaguar XF Sportbrake nicht, der ist nur mit Dieselmotoren lieferbar - wahlweise mit einem 200 PS starken 2,2-Liter-Vierzylinder oder dem Dreiliter-V6 mit 245 beziehungsweise, wie hier, 275 PS.
Seinen Leistungsvorsprung gegenüber der Konkurrenz in diesem Vergleich kann der Jaguar-V6 nicht in bessere Fahrleistungen umsetzen. Zwar gelingt es den beiden bayerischen Rivalen nicht, den Briten abzuhängen, doch fährt er bei allen Fahrleistungsmessungen ein paar Sekundenbruchteile hinterher. Allerdings ist das eher stammtisch- als praxisrelevant, genau wie die um zwei km/h höhere Höchstgeschwindigkeit (250 statt 248 km/h) des Sportbrake.
Kerniges und drehwilliges Triebwerk im Jaguar XF Sportbrake./strong>
Das wird die meisten Jaguar XF Sportbrake.Interessenten weniger kümmern als einen steiflippigen Lord das Wetter in Nordbayern. Ebenso wie den etwas höheren Verbrauch, denn der XF-Diesel genehmigte sich im Test ein reichliches Pint (genau 0,6 Liter) mehr Dieseltreibstoff als der sehr sparsame BMW und ein Schlückchen mehr als der Audi. Viel mehr ist dem Jaguar-Antrieb nicht vorzuwerfen. Eine gewisse Kernigkeit im Abgang vielleicht noch, die feinsinnige Geister als leichtes Kribbeln in Sitzen und Lenkrad spüren mögen. Sonst glänzt er mit Drehwilligkeit und einer ausgeprägten Sanftmut, die auch der Achtgang-Automatik zueigen ist.
Daran mangelt es dem Ingolstädter V6 etwas. Er klingt beim Gasgeben etwas zu deutlich nach Sound-Engineering und lässt sich mit seinem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe zu mancherlei kleiner Ruppigkeit beim Anfahren und Schalten hinreißen. Dabei ist er mit 245 PS der schwächste in diesem Trio, doch als Einziger mit Allradantrieb gesegnet. Nicht, weil die Tester das so wollten, sondern weil die Audi.Modellpolitik das obligatorisch vorsieht.
Zwei Hecktriebler, ein Allradler
Das ausgereifte Quattro-System beschert dem Avant fahrdynamische Vorteile, die sich auch abseits der Teststrecken zeigen. Er ist nicht nur bei fast allen dynamischen Übungen der Schnellste im Vergleich, sondern zudem noch mit seiner ausgeprägten Neutralität am einfachsten und sichersten zu beherrschen.
Fast so gut macht das der BMW, der etwa die mitteilungsfreudigere und feinfühligere Lenkung hat, doch auch mit deutlich mehr Seitenneigung um die Ecken eilt. Der Jaguar XF Sportbrake gerät da leicht ins Hintertreffen, weil er kein aufpreispflichtiges Adaptivfahrwerk an Bord hat. Das ist zwar lieferbar (1.200 Euro), doch nur in Verbindung mit 19- oder 20-Zoll-Bereifung. Immerhin ist eine Luftfederung mit Niveauregulierung an der Hinterachse serienmäßig. Den besten Federungskomfort hat er dennoch nicht zu bieten, sondern der 530d. Er bügelt sowohl lange als auch kurze Unebenheiten souveräner glatt als A6 oder XF.
Eine kleine Schwäche erlaubt sich der BMW dennoch. Er benötigt etwas längere Bremswege als die Konkurrenz, was möglicherweise an den bei niedrigen Temperaturen nicht so haftfreudigen Sommerreifen liegt. Mit Winterreifen im Schnee ist der A6 Quattro eine Klasse für sich, hier unschlagbar, wenn man nicht vergisst, dass er auf glattem Untergrund wesentlich besser beschleunigt als bremst. Der Jaguar XF Sportbrake hat ein Winterfahrprogramm parat, das die Regelwerte der Traktionskontrolle und des ESP etwas versetzt. So wühlte er sich langsam, aber sicher verschneite Nebenstraßen hinauf. Was ein weiterer, doch nicht der einzige Grund ist, den Jaguar ins Herz zu schließen. Auch wenn er in diesem Test nur Dritter hinter BMW 5er und Audi A6 wird - aber was heißt bei dieser Konkurrenz "nur"?