BMW 330, Mazda RX-8:Rotations-Prinzip
Mit einer Neuauflage des
Rotationsmotors tritt der
Mazda RX-8 an. Wie besteht
er im Doppeltest gegen das
BMW Dreier Coupé – viertüriger Sportwagen gegen zweitüriges
Coupé?
Revolution. Wie sonst soll man es nennen, wenn ein Sportcoupé mit vier gegenläufig zu öffnenden Türen und Rotations- statt Hubkolbenmotor auftaucht. Und dabei den Umsturzgedanken in der Topvariante unverblümt im Namen trägt: Mazda RX-8 Revolution – eine Kampfansage an das Establishment. Das steckt nicht widerstandslos auf, schickt eine beständige Größe ins Feld: das BMW Dreier Coupé. Im Frühjahr zog es sich auf eine Schönheitsfarm zurück, straffte sich, um weiterhin en vogue zu sein. In Verbindung mit dem Dreiliter-Reihensechszylinder hat es bereits mehreren Konkurrenten die Schau gestohlen. Doch der Neue ist schwer einzuschätzen: Beim Mazda RX-8 handelt es sich um ein Coupé mit den kraftvollen Proportionen eines viersitzigen Frontmotor-Sportwagens. Ganz im Stile des Alfa Romeo 156 verraten nur die scheinbar überzähligen Karosseriespalte die hinteren Türen des Mazda. Clever gelöst, so bleibt die sportliche Linie unberührt. Doch der eigentliche Clou steckt unter der Blechhaut: Gegenläufig öffnende Türen, keine B-Säule – nie glitt man geschmeidiger in den Fond eines Coupé.. Wie überholt mutet dagegen die Klappmesser-Haltung als Eintrittskarte ins BMW.Separee an. Revolution auf der hinteren Bank geglückt? Nein. Das Mazda-Abteil vermittelt drangvolle Enge, die massive C-Säule versperrt die Sicht nach draußen. Ist auch der Einstieg noch so beschwerlich – man nimmt lieber im luftigeren BMW.Fond Platz. Sportliche Fahrer werten beengte Verhältnisse auf der Rücksitzbank natürlich eben sowenig als Killer-Kriterium wie beispielsweise schlechten Radioempfang. Schließlich soll sich der Motor um die Musik kümmern. Schon die Karosserieabmessungen verraten: Das Renesis genannte Triebwerk des RX-8 kann nicht gerade großvolumig sein. Die Motorhaube ist flach wie ein Waschbrettbauch – und unter den passt bekanntlich auch kein großer Magen. Ein schmalbrüstiger Rotationsmotor schmiegt sich aufrecht an die Spritzwand. Außer Nebenaggregaten ist wenig zu sehen. Und das Wenige kauert verschämt unter einer Kunststoffabdeckung. Sie ist im Weg, wenn Motoröl nachgefüllt werden muss – was beim Wankelmotor ungünstigerweise häufig der Fall ist. Schmalbrüstig ist der Renesis nur optisch, nicht bei der Leistungsausbeute. 231 PS – wie im BMW. Als hätte man dessen kultivierten Reihensechser zum Maßstab erklärt. Auch in Sachen Erziehung. Abgesehen von Kaltstart-Sägen und nervigem Anfahrruckeln benimmt sich der Rotationsmotor distinguiert.
Leichtfüßig schnellt er in fünfstellige Drehzahlregionen, in denen die BMW.Ventile längst zu Salat zerstückelt würden. Hat man erst die Temperamentsgrenze von 5000/min überwunden und den Schub bei 7000/min genossen, mahnt schon ein Alarmglöckchen zum Hochschalten. Knackig flutscht der nächste der sechs Gänge rein, und bald registriert man erschreckt, dass eine Geschwindigkeitskontrolle einen empfindlichen Tempoüberschuss dokumentieren würde. Es ist die Zweitakt-Mentalität, die das Wankel-Triebwerk zum Hetzer macht. Erst lange nichts, dann alles. Zwar stachelt das Drehvermögen zu hochtouriger Fahrweise an, es entfacht aber nur Technikverliebtheit statt Leidenschaft – was vorwiegend am charakterlosen Verbrennungsgeräusch liegt. Ein bisschen Vierzylinder, ein wenig Straßenbahn, etwas Modellflugzeug. Nichts von der Lebensfreude, mit welcher der BMW seine Lust an der Leistung hinaustrompetet. Und die auf seinen Fahrer übergreift. Der genießt den musikalischen Sechszylinder, der schon in mittlerer Lebenslage vergnügt loshämmert. Deshalb ist Drehvermögen im BMW ein Angebot, keine Pflicht wie im Mazda. Damit agiert der Dreier souveräner, frei von Hektik, dabei nicht weniger effektiv. Die Fahrleistungen liegen auf gleich hohem Niveau, der Benzinverbrauch bleibt erträglich. Anders beim RX-8: Der schluckt im Schnitt inakzeptable 15,5 Liter auf 100 Kilometer, 4,5 weniger genügen dem BMW. Damit der Wankelmotor eine ernsthafte Alternative zum Hubkolbenmotor wird, bedarf es einer Entziehungskur. Dass der Motor den Aufwand wert ist, dafür sprechen sein geringes Gewicht und die im Vergleich zum BMW kompaktere Bauform. So lässt er sich tief hinter der Vorderachse positionieren. Der abgesenkte Schwerpunkt ermöglicht die Verwirklichung eines scheinbaren Widerspruchs, den eines komfortablen Sportfahrwerks. Wäre nicht die leichte Stuckerneigung, so würde dem RX-8 das Prädikat Sänfte unter den Sportwagen gebühren. Gleichzeitig reagiert er nervös wie ein Rennpferd auf Befehle, lenkt ohne Karosserieneigung ein, trotzt den Fliehkräften atemberaubend. Auf trockenem Asphalt scheint es keinen legal erfahrbaren Grenzbereich zu geben. Auch der BMW stemmt sich motiviert in die Kurve, lässt sich mit der exakten Lenkung perfekt dirigieren. Preis seiner Agilität ist allerdings eine unnachgiebige Federung.
Bodenwellen aller Art dämpft das Dreier Coupé häufig nur akustisch. So bekommen die Wirbelsäulen der Insassen mehr von der Fahrbahn mit, als ihnen lieb ist. Auf schlechten Straßen stößt die Hinterachse, die Karosserie kommt genauso wenig zur Ruhe wie die Schlupfregelung, die den Vorwärtsdrang einbremst. Das stört den Fahrfluss, der Pilot fühlt sich fremdbestimmt. Der Mazda dagegen katapultiert sich sogar aus Kehren – der mechanischen Hinterachssperre sei Dank. Sie vernichtet Leistung nicht, sie überträgt sie. Dass der RX-8 dabei trotz der Fahrdynamikhilfe DSC leicht übersteuert, kommt Sportfahrern gelegen. Ein wenig versierter Pilot ist da im streng untersteuernd abgestimmten BMW besser aufgehoben. Das drängende Heck des RX-8 will nämlich bereits im Ansatz eingefangen werden, sonst greift DSC hart ein. Das bringt Unruhe ins Fahrwerk. Ungeteilte Aufmerksamkeit verlangt auch die Neugierde des RX-8, Spurrillen nachzuschnüffeln. Doch obwohl ihn seine zappelige Art weniger zum Langstreckenfahrzeug befähigt als den BMW, umsorgt der Mazda seine Insassen dienstbeflissen wie eine japanische Geisha. Elektrisch verstellbare und beheizbare Sportsitze, Klimaautomatik, Lederausstattung, Soundanlage, Xenonlicht, 18-Zoll-Räder – alles ist im RX-8 serienmäßig. Ein ähnlich hochgerüstetes Dreier Coupé wäre rund 10 000 Euro teurer. Dennoch ist der Mazda keine Offerte. Wartungsarbeiten sind teurer als beim BMW, die Benzinkosten höher. Hier rächt sich erneut der extreme Durst des Wankelmotors. Mit solch schwerwiegenden Schwächen im Konzept muss diese Revolution scheitern. Doch es ist keine vernichtende Niederlage, die Ideologie des unterlegenen Mazda RX-8 keine Utopie. Sie ist nur noch unausgereift – und dies nach reichlich 30 Jahren.