Honda HR-V gegen Mazda CX-3
Zum auffällig auftretenden Mazda CX-3 gesellt sich jetzt noch ein SUV aus Japan: Der Honda HR-V ist wieder da. Im Test wird sich zeigen, dass er vieles anders und einiges besser kann.
Schreibt der Produktstratege eines Automobilkonzerns einmal alle Mini-SUV, ihre Vorzüge sowie ihre Eigenarten zusammen, dann müsste er doch spätestens nach dem zehnten Modell an seiner Mission zweifeln. Ist hier noch Platz für uns, und wie, bitte schön, können wir uns absetzen? Mit Prunk und Pomp? Retro-Optik, Differenzialsperren, Nordschleifen-Zeiten? Oder ganz was anderem? Auf dem Registerblatt Buchstabe M ist seit Juli der Mazda CX-3 vermerkt.
Vorzüge: vernünftige Preise, Allrad verfügbar, kultivierte Motoren und eine für viele wohltuend andere Designsprache, genannt Kodo. Nachteile: kleine Ladeöffnung, enger Fond. Und nicht zu vergessen: Testsieg in auto motor und sport Heft 13 gegen Jeep Renegade und Mini Countryman. Unter H wie Honda und darunter HR-V steht vermutlich nur: Eingestellt 2005. Erneute Markteinführung im September 2015. Bewertung folgt.
Honda HR-V mit luftigem Raumangebot
So. Kladde zu. Wir sind am Zug. Die Punkte Design, Prunk und Geländetauglichkeit des HR-V lassen sich schnell abarbeiten. Vier angetriebene Räder sind nicht zu haben, und die Hülle des HR-V, der auf dem neuen Jazz aufbaut, ist eher konservativ. Da sorgt auch die angedeutete Coupéform samt versteckten Klappgriffen nicht für eine Überraschung. Nein - die Stärken des 4,29 Meter langen Honda liegen unter dem Blech, und hier gibt es viel zu notieren. Denn bei ähnlichen äußeren Abmessungen offeriert der HR-V seinen hinteren Passagieren nicht nur mehr Beinfreiheit, er ist auch luftiger. Innen fällt er deutlich breiter aus: vorn sind es zehn und im Fond vier Zentimeter mehr als im eng geschnittenen CX-3.
Als wäre dies nicht genug, unterscheiden sich zudem Sitzkonzept und Laderaum deutlich. Die leicht sowie eben umklappende Rückbank des Mazda, ein doppelter Ladeboden und ein Kofferraum mit 350 bis 1.260 Litern Volumen sind zwar standesgemäß. Doch dank der Plattform des Jazz kann Honda im Fond auf das Magic-Seat-Sitzkonzept zurückgreifen.
Ob die zweigeteilten Rücksitzlehnen nun flach nach vorn oder die Sitzflächen im Stile von Kinosesseln hochgeklappt werden sollen – die bequem ausgeformten Sessel sind außergewöhnlich variabel. Ohne den viel größeren Kofferraum (470 Liter) zu nutzen, können so selbst hohe Kartons oder sperrige Kinderwagen mit auf die Reise gehen. Hinzu kommt noch, dass seine Ladekante ganze 14 Zentimeter niedriger liegt. Entsprechend mühseliger fällt da das Beladen des Mazda aus.
Teurer als der CX-3 ist der solide verarbeitete Sitzklapp-König deswegen nicht. 24.190 Euro ruft Honda für den hier getesteten HR-V 1.6 i-DTEC in der mittleren Ausstattungslinie Elegance auf. Reichlich Infotainment samt Web-Anbindung, ein kamerabasierter Speed-Limiter, Spurverlassenswarner und mehr sind bereits Serie. Ebenso ein ansehnliches Cockpit inklusive integriertem Touchscreen und einer aufwendigen Mittelkonsole. Honda setzt hier auf Klavierlack erster Klasse, Chromeinsätze, sichtbare Nähte, ein doppelbödiges und tiefes Staufach sowie eine zweite große Ablage unterhalb des kleinen Schalthebels. Nicht ideal sind die zu kleinen Türablagen rundum.
Mazda CX-3 bietet mehr Ausstattungsoptionen
Der innerlich sachlicher auftretende CX-3 kostet mit 23.890 Euro etwas weniger, ist aber ähnlich üppig ausgestattet. Vorteil für ihn: Extras wie ACC, adaptive LED-Scheinwerfer oder ein mehrfarbiges Head-up- Display bietet nur er - allerdings für weitere 1.300 Euro im Verbund mit dem teuren Sports-Line-Modell ab 24.790 Euro. Highlight im Cockpit ist das große Farbdisplay des serienmäßigen MZD-Connect-Systems, über das sich Navigation, DAB und Internetradio bedienen oder Einstellungen am Fahrzeug ändern lassen. Dabei fungiert der Monitor im Stand als Touchscreen, beim Fahren muss der Nutzer zum kleinen Dreh-Drück-Steller zwischen den Sitzen greifen.
Sicher eine gute Taktik, denn wie oft träfe man unterwegs auf dem Touchscreen doch das falsche Feld? Die Entwickler bei Honda stören sich daran offensichtlich nicht. Im Gegensatz zum Mazda finden sich im HR-V keine Drehregler. Wer also die Klimaautomatik ansprechen möchte, muss auf einem sensiblen Bedienfeld unterhalb des Touchscreens herumtippen. Ebenso ist die Lautstärke der Audioanlage nur über den Sieben-Zoll-Bildschirm oder die Lenkradtasten regelbar. Noch ein kleiner Vorteil für den Mazda: Die Kartendarstellung des Navis (690 Euro) ist schärfer und gehaltvoller. Honda vertraut auf das Material der einfacheren Garmin-Geräte (700 Euro). Praktisch für alle Staumeider: Ist ein Smartphone angedockt, nutzen beide Systeme Verkehrsdaten in Echtzeit.
Schön, dass angesichts des gebotenen Fahrkomforts auch längere Reisen nicht zur Tortur werden. Mit kurzen Stößen kommen zwar beide nicht sonderlich gut klar, ansonsten federn die kleinen SUV sehr ordentlich und stören nicht weiter mit Straßenzustandsberichten. Dazu passend: straffe Standard-Stoffsitze, die zwar nicht üppig ausgeformt, aber bequem sind. Vorne wie hinten.
Gleichstand bei den Fahrleistungen
Und die zugehörigen Motoren? Die erweisen sich ebenso als stimmige, wenn auch unterschiedliche Partner. Trotz energischer Untertöne und vergleichsweise rauen Laufs gelungen: der 1,6 Liter große Selbstzünder im Honda. 120 PS und 300 Nm stark, pusht er den 1,35 Tonnen schweren SUV nach leichtem Zögern umso mächtiger voran und verhilft zu guten Spurtwerten. Der Griff zum zierlich-stummeligen Schalthebel ist also oft nicht vonnöten. Doch wer Spaß am Schalten hat, wird belohnt. Denn so kurz wie der Hebel sind auch die Wege beim knackigen Wechseln der Gänge.
So viel Schaltspaß bietet die weniger präzise rastende Sechsgangbox des CX-3 leider nicht. Das kennen wir von Mazda eigentlich anders. Dafür ist vom Skyactiv-Diesel (105 PS, 270 Nm) kaum ein Ton zu hören. Leise und vibrationsarm sorgt er für eine sehr gleichmäßige Kraftentfaltung ohne Anfahrschwäche. Windschnittiger und über 100 Kilo leichter, kann er dem Honda HR-V trotz seiner Minderleistung locker folgen. Auf 100 km/h spurten beide in rund 10,5 Sekunden. Erst ab 160 km/h dampft der HR-V dann entschiedener davon, seine Höchstgeschwindigkeit liegt um 15 km/h höher. Im Gleichklang und erfreulich langsam leeren sich hingegen die Tanks. Beide Turbovierzylinder geben sich im Testmittel mit 5,6 (HR-V) und 5,8 Litern auf 100 Kilometer zufrieden. Minimal sind sogar Werte um die 4,5 l/100 km möglich.
Honda HR-V schlägt den CX-3 beim Handling
Eine Überraschung sind hingegen die Handling-Qualitäten des Mazda-Testwagens. Trotz seiner sportlichen Optik und des geringeren Gewichts gibt er sich in Kurven etwas schwammig, leidet unter einer gefühllosen Lenkung sowie einem spürbar mitschwenkenden Heck. Die erhoffte Fahrfreude kommt dadurch zu kurz.
Dagegen wedelt der Honda HR-V trotz ausgeprägter Seitenneigung vielfach flotter um die Hütchen und vermittelt dank einer indirekten, aber rückmeldungsstarken Lenkung auch abseits der Teststrecken viel Sicherheit. So lässt es sich im neutralen Honda viel entspannter und doch schneller durch Wechselkurven ziehen – wenn man denn kräftig einlenkt. Sobald dieses Heft auf dem Schreibtisch des erwähnten Produktplaners landet, kann er zum Honda HR-V nun notieren: Geräumig, sehr variabel, fahrsicher und sparsam, aber eher konservative Optik. Und – alle Achtung: Testsieg.