Smart-Home-Geräte: Was tun, wenn die Clouddienste abgeschaltet werden?
Smart? Ja, aber nicht für immer…
Gelegentlich verlieren Smart-Home-Geräte praktisch über Nacht einen Großteil ihrer "Smartness": Das passiert immer dann, wenn die Unternehmen dahinter wichtige Internetdienste abschalten, auf die die Geräte angewiesen sind. Gigaset beispielsweise existiert jetzt nicht mehr - das Unternehmen hat Insolvenz angemeldet -, was alle gekauften Geräte so gut wie nutzlos macht. Die benötigte Serverinfrastruktur gibt es nicht mehr. Ähnlich verhielt es sich bei Geräten wie den Smart-Speakern der Telekom oder den Lightify-Produkten von Osram.
Aus Sicht der Unternehmen ist das sinnvoll. Immer mehr Dienste aufrechtzuerhalten, wird irgendwann unwirtschaftlich. Dann müssen alte Dienste weichen - was aber bedeutet, dass daran gekoppelte Hardware eventuell nicht mehr funktioniert. Käuferinnen und Käufer kann dies stark abschrecken: Wer garantiert mir, dass meine neue Lampe in fünf Jahren noch das macht, was ich von ihr verlange?
Wir zeigen Dir einige Tipps, wie Du die Anhäufung von zu viel Elektroschrott vermeidest.
Zuerst prüfen: Wie smart ist mein Smart-Home?
Vor dem Kauf kannst Du Dir bereits die Produkte ansehen und schauen, inwieweit sie auf Clouddienste angewiesen sind. Oft sind die meisten Funktionen nur bei Internetanbindung nutzbar - aber eben nicht immer. Manchmal entdeckst Du Produkte, die zwar für weiterführende Funktionen eine Cloud brauchen, aber deren Basis auch ohne Internet läuft.
Ein weiterer Tipp: Forsche ein wenig nach, ob ein Unternehmen mit einer Produktserie Erfolg hat oder nicht. Verkaufen sich bestimmte Geräte wie geschnittenes Brot, stehen die Chancen gut, dass das Unternehmen dahinter langfristigen Support anbieten wird. Dies ist zwar keine hundertprozentige Garantie; andersrum gilt jedoch, dass sich Unternehmen wahrscheinlich von Produktserien trennen werden, wenn die Sparte nicht profitabel ist.
Eventuell wichtig: Open-Source-Alternativen
Manche Hersteller zeigen explizit auf, dass sie zu ihren eigenen Lösungen auch Open-Source-Alternativen unterstützen. Bekannte Namen dafür sind etwa openHAB, Home Assistant oder ioBroker. Das bedeutet: Stellt ein Hersteller den Support für bestimmte Geräte ein, kannst Du sie trotzdem noch nutzen, indem Du alternative Software dafür benutzt. Zwar könnten auch diese Open-Source-Bemühungen irgendwann eingestellt werden. Betrachten kannst Du diese Option dennoch als eine Art zweites Sicherheitsnetz.
Ein weiteres Thema ist die Kontenanbindung: Kannst Du ein Gerät ohne ein Konto beim Hersteller nutzen, ist das ein großer Pluspunkt. Denn: Jene Accountverwaltung könnte irgendwann vom Hersteller abgeschaltet werden. Ist ein solcher Account gar nicht erst nötig, fällt ein weiteres Sicherheitsrisiko weg - und Du kannst das Smart-Home-Gerät vielleicht sogar im Offlinemodus nutzen. Dazu testest Du am besten, ob das Gerät auch dann funktioniert, wenn Du die Internetverbindung vollständig trennst.
Lokal vs. Cloud
Viele Smart-Home-Geräte bieten zahlreiche Funktionen nur in der Cloud an - aber nicht alle. Manche Features funktionieren auch lokal. Auch hier kannst Du dich im Vorfeld informieren. Beispielsweise werden Videostreams von Überwachungskameras bei manchen Anbietern lokal bei Dir gespeichert, bei anderen hingegen sind sie in der Cloud. Auch Remotezugriffe fallen darunter, ebenso wie die Sicherung von Konfigurationen. Die App-Steuerung von unterwegs geht manchmal auch via Direkter Internetanbindung an Dein Zuhause - ganz ohne Cloud-Umweg.
Viele große Hersteller bieten lokale Speicherungen an, darunter etwa Philips, Bosch oder auch AVM. Bei anderen bekommst Du die Option, die Geräte im Nachhinein umzustellen - etwa bei Shelly. Dort ist die Cloudsicherung der Standard, aber den kannst Du umwandeln, sodass am Ende doch alles auf Deinen Geräten landet. Dies ist ein weiteres Indiz dafür, dass Deine Geräte auch nach Serverabschaltung noch gut genutzt werden können.
Hersteller schaltet Cloud ab: Was sagt das Gesetz?
Gigaset ist insolvent - und damit sind plötzlich viele Smart-Home-Geräte des Herstellers so gut wie nutzlos. Rechtlich gesehen könnten betroffene Kundinnen und Kunden sich an den Verwalter des Insolvenzverfahrens wenden und Forderungen geltend machen. Wie hoch diese sind, ist jedoch schwer zu sagen - denn den Kaufpreis allein anzugeben, reicht nicht. Die Rechtslage ist in diesem recht jungen Bereich schwammig, sodass Du keine zu hohen Hoffnungen hegen solltest. Ein wenig Recherche im Internet auf seriösen Plattformen kann dennoch lohnenswert sein - wenn auch nur für den Erkenntnisgewinn.
Rettung durch offene Protokolle
Viele Hersteller verwenden proprietäre Software, um ihre eigenen Smart-Home-Geräte zu steuern - aber nicht alle. Manche Protokolle, wie Matter, KNX oder ZigBee, sind quelloffen. Das heißt, dass Du nicht mehr Direkt abhängig vom Hersteller bist. Dies macht die Nutzung von Alternativen möglich, falls wirklich bestimmte Smart-Home-Dienste abgeschaltet werden.
Matter soll dafür sorgen, dass die Kommunikation zwischen den diversen Smart-Home-Geräten und den Apps auf Deinem Smartphone nach einem einheitlichen Standard erfolgt. Hersteller kochen damit nicht mehr ihr eigenes Süppchen, sondern verwenden dieselbe Basis, auf der sie anschließend aufbauen können. Durch diese einheitliche Herangehensweise ist es wahrscheinlicher, dass Deine Geräte in Zukunft noch supportet werden, selbst wenn der Hersteller dies vielleicht nicht mehr Direkt erledigt.
Matter ist jedoch keine Versicherung gegen alles: Auch diese Geräte können irgendwann ihren Nutzen verlieren - es ist nur weniger wahrscheinlich.
In eine ähnliche Kerbe schlägt KNX: ein weiterer Standard, der sich ebenfalls der Gebäudeautomation verschrieben hat. Steuern kannst Du damit vor allem Klimaanlagen, Heizungen, Lüftungen, Beleuchtung und mehr. Theoretisch kannst Du ein Netzwerk auf Basis von KNX-Infrastruktur auch zu Hause aufbauen, doch zielt die Technik dahinter eigentlich auf den professionellen Bereich ab. Du solltest also einiges an Know-how mitbringen - alle anderen sind mit ZigBee und Matter besser beraten.
Sofern möglich: Lokale Geräte bevorzugen
Die Hersteller sind sich des Dilemmas natürlich bewusst, weshalb einige von ihnen lokale Anbindungen auch explizit anpreisen, um sich damit von der Cloudkonkurrenz abzuheben. Typische Unternehmen dafür sind die bereits erwähnten AVM, Philips und Bosch oder auch Nuki. Diese verweisen auf lokale Bedienkonzepte und wie diese Geräte sich nutzen lassen, auch wenn die Cloud komplett verschwinden würde.
Viele dieser Geräte bieten Dir dafür ein Web-Frontend an, das Du vielleicht von Routern wie der Fritz!Box von AVM kennst. Die Bedienung erfolgt im Browser, aber sie benötigt keine Internetanbindung, sondern wird vollständig lokal Durchgeführt. Falls ein Gerät hingegen unbedingt nach einer App verlangt, und diese nur vom Hersteller bereitgestellt wird, bist Du letztendlich von der Gnade und dem Erfolg des Unternehmens abhängig - nicht optimal.
Ein weiteres Indiz für langen Support sind Updates. Erscheinen regelmäßige Softwareupdates für eine große Bandbreite aus Geräten, kannst Du recht sicher sein, dass der Hersteller diese Geräteklassen nicht schleifen lassen wird. AVM mit den eigenen Routern ist ein gutes Beispiel dafür: Selbst viele Jahre nach Release eines Modells kommen noch immer häufige Updates. Bleiben Aktualisierungen aus und finden diese nur noch sporadisch statt, könnte dies auf ein baldiges Ableben des Clouddienstes hindeuten.
Für einige Geräte wichtig: Nutzung ohne Internet
Manche Geräte sollten immer aktiv und ansprechbar sein - egal, ob das Internet zur Verfügung steht oder nicht. Dazu zählen vielleicht Alarmanlagen, Heizungen, Überwachungssysteme & Co. Vor dem Kauf könntest Du recherchieren, ob diese Geräte auch dann funktionieren, wenn gar keine Internetanbindung vorliegt. Falls ja, ist dies ein gutes Zeichen - denn das deutet daraufhin, dass die Geräte bzw. ihre Funktionen auch generell ohne einen Clouddienst lauffähig sind.
Du könntest auch die aufwendige Methode wählen und den Hersteller Direkt kontaktieren und fragen, was ohne und mit Cloud funktioniert und was nicht. Aus den Produktbeschreibungen wird dies nicht immer eindeutig klar, und eine kurze E-Mail kann genügen, um einen Fehlkauf zu vermeiden.