Smart Home ohne Cloud: die bessere Lösung für den Datenschutz?

Smart Home ohne Cloud: die bessere Lösung für den Datenschutz?
Smart Home-Geräte sind praktisch, aber immer wieder stehen aufgrund der Internetanbindung Datenschutzbedenken im Raum. Wir schauen uns an, inwieweit lokale Lösungen eine Alternative sind.
Der aktuelle Stand des smarten Zuhauses
Viele Smart Home-Artikel sind im Alltag praktisch, aber ebenso viele benötigen eine permanente Verbindung mit dem Internet, damit alle Funktionen nutzbar sind. Daraus folgt auch, dass mehr oder weniger häufig private Daten weitergegeben werden – die zwar anonym, aber dennoch privat sind. Wer wann auf welche Weise Zugriff auf diese Daten erhält, ist für den Endverbraucher undurchsichtig. Am Ende landen die meisten Daten bei in- oder ausländischen Unternehmen, denen Du Vertrauen entgegenbringen musst.
Manche Personen finden dies bedenklich, andere nicht – eine objektiv richtige oder falsche Einschätzung der Lage gibt es nicht. Wir wollten es trotzdem wissen und präsentieren Dir zahlreiche Lösungen aus vier Produktkategorien, die Du lokal ohne Internetanbindung betreiben kannst. Außerdem zeigen wir Dir, mit welchen Einschränkungen Du in diesen Fällen zu rechnen hast.
Kameras
Sicherheitskameras sind nützlich, um Hauseingänge und andere Zugänge zu überwachen und im Ernstfall schnell eingreifen zu können. Die Verkäufer dieser Produkte bieten oftmals eine Anbindung an ihre eigene Cloud an. Das heißt, dass Du die Aufnahmen auf den Servern der Unternehmen speichern und von überall aus darauf zugreifen kannst. Gefällt Dir das nicht, empfehlen wir Dir alternative Lösungen.
Diese existieren beispielsweise von Herstellern wie TP-Link, Reolink oder auch Eufy. Die Videos werden in diesen Fällen nicht in einer Cloud abgelegt; stattdessen landen sie auf einer microSD-Karte, die natürlich in Deinem Besitz verbleibt. Zusätzlich sparst Du Geld: Das erwähnte Cloud-Abonnement kostet je nach Anbieter in der Regel bis zu 5 Euro pro Kamera, die aktiv im Betrieb ist. Andererseits bedeutet dies aber, dass Du Dich selbst im die Verwaltung Deines Speichers kümmern musst.
Einschränkungen für Kameras ohne Cloud
Durch den Verzicht auf Internet und Cloud musst Du auf einige Features verzichten: Manche Kameras bringen etwa Features wie eine Paketerkennung mit, sodass Du sofort informiert wirst, wenn jemand mit einem Paket vor Deiner Haustür steht. Dies zu erkennen, wird von Servern im Internet erledigt – auf die Du in der Non-Cloud-Version jedoch verzichtest. Hier und da kannst Du also mit Einschränkungen rechnen, die Dir etwas Lebensqualität nehmen.
Komplett ohne Internet solltest Du die Kameras übrigens nicht betreiben: Erst durch die Einbindung ins Netzwerk zu Hause kannst Du von unterwegs auf das Bild zugreifen. Würdest Du auf eine Anbindung mit dem LAN oder WLAN verzichten, könnte Dich die Kamera unterwegs auch nicht über wichtige Ereignisse informieren. Ein wenig Internet sollte es also schon sein, um nicht die Sicherheit zu Hause aufs Spiel zu setzen und es im Nachhinein zu bereuen.
Türschlösser
Smart Locks, wie etwa das namensgleiche Produkt von Nuki, ermöglichen Dir die Verwendung des Schlosses ganz ohne herkömmlichen Hausschlüssel. Das geht im Zweifelsfall auch ohne WLAN oder andere Internetanbindungen – aber auch in diesen Fällen gibt es hier und da kleine Einschränkungen.
Smart Locks im Detail
Beim Kauf solltest Du zuerst darauf achten, dass sich in dem Gerät keinerlei Modul für WLAN befindet. Beim bekannten Hersteller Nuki ist dies etwa das Modell Smart Lock – aber nicht Smart Lock Pro, denn die Pro-Variante kommt mit WLAN daher. Mit einer Investition von etwa 190 Euro solltest Du pro gekauftem Schloss rechnen. Bluetooth ist übrigens immer dabei, aber sicherheitstechnisch nicht weiter bedenklich.
Sobald Du das Gerät installiert hast, stellst Du zwischen Deinem Smartphone und dem Schloss eine Bluetoothverbindung her. Dazu musst Du bei den meisten Herstellern auch eine passende App installieren. Das Schloss wird dann mit deinem Smartphone verbunden und ab jetzt kannst Du es nur noch mit diesem Gerät öffnen.
Die Reichweite für diese Funktion beträgt bei freier Sicht etwa zehn Meter, was bei Bluetoothverbindungen der Standard ist. Du könntest also die Tür entriegeln und gleich das Haus oder die Wohnung betreten, auch, wenn Du noch gar nicht direkt am Eingang stehst. Wenn Du es eilig hast, kann das sinnvoll sein – denn das Suchen nach dem Schlüssel entfällt.
Darauf musst Du verzichten
Verbindest Du Dein Schloss mit dem Internet, erhöht sich die Reichweite auf eine Distanz, die Du selbst frei einstellen kannst – also beispielsweise fünf Kilometer, wenn deine Arbeitsstelle in dieser Entfernung liegt. Das kann in zahlreichen Anwendungsfällen nützlich sein, aber setzt voraus, dass Du Deine Standortdaten preisgibst, denn das Schloss muss „wissen“, wo Du Dich gerade aufhältst. Dies kannst Du etwa nutzen, wenn ein Paketbote zu Dir kommt, aber Du gerade beim Nachbarn bist. Du kannst den Boten dann trotzdem hineinlassen, indem Du kurz auf das Smartphone tippst.
Außerdem werden bestimmte Statusinformationen nicht weitergegeben: Ob die Tür offen oder geschlossen oder komplett verriegelt ist, wirst Du nicht erfahren, wenn keine Internetverbindung vorliegt. Im Wesentlichen sind es damit vor allem Statusinformationen, die verlorengehen. Alle Daten werden erst wieder aktualisiert, wenn Du Dich wieder in Bluetoothreichweite befindest.
Ob Du diese Zusatzfunktionen benötigst oder nicht, hängt im Wesentlichen von Deinem Lebensstil ab. Fällt Dir kein Szenario ein, für das eine Türöffnung aus großer Entfernung nützlich ist, wirst Du diese Smart Locks wahrscheinlich nicht benötigen. Alle anderen profitieren aber – wenn sie bereit sind, bestimmte Daten mit dem Internet zu teilen.
Heizungen
Eine weitere große Smart Home-Baustelle sind Heizungen. Das Versprechen dieser Lösungen ist es, die Temperatur im Raum immer perfekt und weitgehend automatisiert zu regulieren. Die Steuerung dieser Geräte stellt sich jedoch komplett ohne Internet als kompliziert heraus: Die meisten Modelle benötigen zwingend eine Internetverbindung für die Ersteinrichtung. Auch Heizpläne und ähnliche Settings lassen sich nicht konfigurieren, wenn Du die Thermostate nicht mit dem Internet verbindest.
Dies trifft auf die meisten, aber nicht alle Produkte zu. Beim Marktführer in diesem Segment, Tado, geht es nicht ohne Internet. Andere, wie Bosch, machen es besser.
Wozu braucht meine Heizung eine Internetverbindung?
Im Fall der erwähnten Geräte von Tado nutzt der Hersteller das Internet, damit Du beispielsweise Heizpläne für bestimmte Räume oder Gruppen aus Räumen zusammenstellen kannst. Dazu ist auch die obligatorische Smart Home-Bridge desselben Herstellers notwendig. Trennst Du die Geräte vom Internet, werden die Heizkörper zwar weiterhin ihren voreingestellten Plänen folgen. Änderungen sind dann aber nicht mehr möglich – schlecht, wenn gerade eine neue Jahreszeit beginnt und die Temperaturen steigen oder fallen.
Zwar kannst Du diese Pläne noch immer manuell an den Heizkörpern regulieren, aber damit erübrigt sich im Prinzip das gesamte System Smart Home – denn „smart“ ist an diesen Heizungen nichts mehr, sie unterscheiden sich kaum von regulären Heizkörpern.
Alternativen ohne Internet von Bosch
Besser machen es andere Hersteller – wie Bosch. Das Thermostat II kostet etwa 80 Euro und funktioniert nur, wenn Du gleichzeitig den Smart Home Controller II des Herstellers im Haus verwendest. Dabei handelt es sich um eine typische Steuerzentrale für Smart Home-Geräte aller Art, die viele Hersteller im Angebot führen.
Verwendest Du das Thermostat II, musst Du für die Ersteinrichtung noch immer auf eine Internetverbindung zugreifen. Anschließend kannst Du darauf aber verzichten: Der Smart Home Controller II speichert alle Daten lokal und macht diese auch für Dein Smartphone abrufbar. Selbst völlig entkoppelt vom Internet kommunizieren die diversen Thermostate also miteinander und hören auf Deine Anweisungen. Zwar geschieht die Verbindung zwischen Controller, Thermostat und Smartphone via WLAN, einen Internetzugang stellen die Geräte dafür aber nicht her.
Ob Du also mit Einschränkungen zu leben hast oder nicht, hängt stark vom Hersteller und dessen Produktportfolio ab. Informierst Du Dich im Voraus ausführlich, kannst Du auch in diesen Fällen gute Heizlösungen ohne Cloud-Anbindung verwenden.
Beleuchtung
Hinsichtlich der Beleuchtung ist Philips mit seinen Hue-Geräten klarer Marktführer und auch mit Abstand der bekannteste Hersteller. Damit Du die diversen Beleuchtungsfunktionen verbinden kannst, benötigst Du immer die namensgleiche Hue-Bridge: eine Steuerzentrale, die alle Leuchten, Schalter und Dimmer verbindet und diese per Smartphone abrufbar macht.
Was geht ohne Bridge – und was nicht?
Die erwähnte Bridge verwendest Du mit deinem Router zu Hause. Dies führt dazu, dass alle verbundenen Geräte jederzeit Updates bekommen und sich untereinander synchronisieren können. Auch die Steuerung aus der Ferne wird auf diese Weise ermöglicht.
Kappst Du die Verbindung zwischen Bridge und Internet, kannst Du die Leuchten noch immer über die App mit der Bridge koppeln und steuern. Untereinander kommunizieren diese Geräte nämlich lokal, sofern keine Internetverbindung vorhanden ist. Die Steuerung – Helligkeit, Farbe, Zeitschaltuhr – gelingt Dir also auch entkoppelt vom Internet.
Dies gilt jedoch nicht bei der Ersteinrichtung: Dann benötigst Du zwingend eine Internetanbindung, da die Produkte darauf bestehen, sich nach der Inbetriebnahme zu aktualisieren. Außerdem muss die Beleuchtung im Zeitalter des Machine Learnings erst angelernt und trainiert werden. Ist der Vorgang abgeschlossen, kannst Du die Internetverbindung trennen.
Einschränkungen ohne Internet
Koppelst Du Deine Leuchten mit der Bridge und diese mit dem Internet, bekommst Du einige Komfortfeatures. Via Geolocation kann die Bridge erkennen, wann Du Dich dem Haus näherst. Das heißt, dass sich abends oder nachts bestimmte Leuchten, die Du vorher definiert hast, automatisch einschalten, wenn Du dies wünschst. Kommst Du mit dem Auto nach Hause und befindest Dich noch einen Kilometer vom Ziel entfernt, würden also die Lichter angehen.
Damit das funktioniert, muss jedoch – ähnlich wie beim Türschloss – bekannt sein, wo Du Dich aufhältst. Ohne GPS-Daten funktioniert dies nicht, Du musst also Daten weitergeben. Ob das für Dich in Ordnung ist oder nicht, musst Du selbst entscheiden.
Bluetooth als Alternative
Philips ist sich des Datenschutzproblems bewusst und bietet auch Produkte an, die rein via Bluetooth arbeiten. Internet und Cloud sind also nicht notwendig.
Leuchten, Schalter, Dimmer & Co. werden damit lokal mittels Bluetooth mit Deinem Smartphone verbunden. In der App bekommst Du trotzdem Zugriff auf wichtige Funktionen, wie Leuchtroutine oder Timer. Via Sprache kannst Du die Lampen ebenfalls bedienen. Für keine dieser Funktionen benötigst Du eine Internetverbindung.
Verzichtest Du auf jenes Internet, musst Du aber einige Einschränkungen hinnehmen. Bluetooth kann nur maximal zehn Geräte ansteuern und Features wie die erwähnte Geolocation entfallen. Besitzt Du ohnehin weniger als zehn Geräte, spielt dies für Dich wahrscheinlich fast keine Rolle. Ähnlich funktionieren die Modelle der Tradfri-Serie von IKEA, die sehr günstig sind und ebenfalls keine Internetverbindung benötigen.
Auch Tradfri arbeitet nur via Bluetooth, die Koppelung ist in wenigen Sekunden abgeschlossen. Für den günstigen Preis musst Du aber auf Komfort verzichten: Beispielsweise kannst Du mittels der App nur alle verbundenen Geräte gleichzeitig steuern – wenig praktisch, wenn Du in einem Raum viel Licht und in einem anderen Raum nur ein wenig atmosphärische Beleuchtung benötigst.
Fazit: Wie gut ist Smart Home ohne Internet?
Die Internetanbindung installieren die Hersteller nicht aus Spaß: Sie sorgt dafür, dass sich Geräte aktualisieren, mehr Funktionen erhalten und Sicherheitsupdates bekommen. Das mag für eine Beleuchtung nebensächlich sein, doch im Fall von Türschlössern beispielsweise möchtest Du garantiert keine Sicherheitsprobleme bekommen.
Auch die Fernsteuerung kann nützlich sein, wenn Du sie auf sinnvolle Weise in dein Leben integrieren kannst. Ein Garagentor, das sich automatisch öffnet, wenn Dein Auto noch 200 Meter entfernt ist, kann sehr praktisch sein. Dafür ist jedoch die Preisgabe Deiner Standortdaten notwendig. Außerdem könntest Du unterwegs auf Kamerabilder zugreifen, Türen für Freunde und Freundinnen von unterwegs öffnen oder das Licht ausschalten, wenn Du es versehentlich vergessen hast.
Auf der anderen Seite der Medaille stehen Deine Daten: Diese musst Du zwangsläufig mit externen Partnern teilen, damit viele dieser Funktionen umsetzbar sind. Vertraust Du diesen Parteien, dürfte dies kein großes Problem sein. Vertraust Du ihnen nicht, kommst Du um Einschränkungen und Verzicht nicht herum. An dieser Stelle musst Du selbst entscheiden, was Dir wichtiger ist: Komfort oder absolute Herrschaft über deine Daten.