Kofelgschroa: Ein Gegenentwurf zum modernen Leben

Eine Band auf der Suche: Kofelgschroa experimentiert mit traditionellen Instrumenten und interpretiert so bayerische Volksmusik auf rebellische Art und Weise. Sechs Jahre lang hat Regisseurin Barbara Weber die vier Jungs aus Oberammergau begleitet. spot on news traf die Dokumentarfilmerin zum Interview.
Kofelgschroa - das sind Maxi Pongratz am Akkordeon, MatthiasMeichelböck am Tenorhorn, Martin von Mücke an der Tuba und Michaelvon Mücke am Flügelhorn. Sechs lange Jahre hat die Regisseurin undDokumentarfilmerin Barbara Weber die vier Musiker aus Oberammergaumit ihrem Filmteam beim erwachsen und bekannt werden begleitet.Entstanden ist ein Film über eine Generation Anfang bis MitteZwanzigjähriger auf der Suche nach dem Sinn des Leben..
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Die Nachrichtenagentur spot on news traf Barbara Weber zumInterview in einem Münchner Café und sprach mit ihr über dietypisch bayerische Leben.einstellung, Systemverweigerung und dieRückbesinnung auf Tradition.
Wie haben die Musiker von Kofelgschroa auf die Anfrage reagiert,einen Film über sie zu drehen?
Barbara Weber: Damals war Kofelgschroa noch völlig unbekannt,sie haben hauptsächlich Straßenmusik gemacht. Als ich sie 2008 ineinem Münchner Lokal kennenlernte, kam mir die Idee, eineDokumentation über die Band zu drehen. Und die Jungs wareneinverstanden. Das war am Anfang nicht so ein riesen Ding. Erst imLaufe der Zeit wurde das Projekt immer intensiver. Da gab es dannauch Momente, wo Maxi, Michael, Martin und Matthias am liebstenausgebüchst wären.
Was war so faszinierend an ihnen?
Weber: Bei unserem allerersten Treffen erzählten sie mir, dasssie mit dem Fahrrad nach Guca in Serbien fahren wollen, zu diesemgroßen Blechmusik-Festival. Und ich dachte nur: Was sind denn dasfür Typen? Total hinreißend! Ich hatte nie die Intention, eine Bandbeim Bekanntwerden zu dokumentieren. Erfolg war für mich nichtausschlaggebend, sondern es waren diese vier Menschen, die mich mitihrer Leben.einstellung wahnsinnig fasziniert haben.
Was ist das konkret für eine Einstellung zum Leben.
Weber: Eine, die sich auf die wesentlichen Dinge bezieht. Mankann ihre bayerische Herkunft sehr stark spüren. Sie sind sehr beisich und haben eine ganz klare Verwurzelung. Die Jungs wissen, wersie sind und woher sie kommen. Das erkennt man beispielsweise, wennman Kofelgschroa auf ein Konzert in die Stadt begleitet - da merktman eine ganz dorftypische Höflichkeit im Umgang mit anderenMenschen. Das hat auch etwas mit Entschleunigung zu tun - Dingenicht nur nebenbei erledigen, sondern den Augenblick leben zukönnen. Das ist ein totaler Gegenentwurf zum modernen Leben.
Der Film bringt die Geschwindigkeit unserer Gesellschaft sehrschön auf den Punkt. War das beabsichtigt?
Weber: Zum Teil war das schon ein Motiv. Der Film beinhaltet soviele Themen, die mir am Anfang fast ein bisschen zu komplizierterschienen - Stadt und Land oder Erwachsenwerden in einer Zeit, inder alle Türen zu und von Anfang an keine Chancen gegeben sind. Esist eine Doku über Typen, die gegen den Strom schwimmen, keine dreiFremdsprachen sprechen, keine fünf Auslands-Praktika und keinAbitur gemacht haben - von denen man eigentlich sagen müsste, dasssie überhaupt nicht gewinnen können. Und genau diese vier entziehensich diesen Systemen und stellen sie letztlich auch auf denKopf.
Woran erkennt man diese Systemverweigerung?
Weber: Wenn die Band ein Interview gibt, verweigern sie sicheinfach dieser Schablonierung. Sie hören richtig zu undhinterfragen. Und das ist unsere Zeit nicht mehr gewohnt. Jederbenutzt die Aufmerksamkeit, die er kriegen kann, für Eigen-PR.Kofelgschroa macht genau das Gegenteil und wird dadurch Kult. Daswar auch für mich das Spannende: Wann wird das zur Attitüde, wannkippt das weg, wann machen sie das zum Selbstschutz? DerMedienrummel verändert einen Menschen und natürlich ist das auchbei Kofelgschroa spürbar. Trotzdem haben sie es geschafft, sicheinen sehr hohen Anteil an Eigenheit und an Eigensinn zubewahren.
Kofelgschroa macht es Journalisten bei Interviews nicht geradeleicht. Wie war das bei Ihnen?
Weber: Ich hab ihnen sehr oft transparent gemacht, was icherzählen möchte, um was es mir geht und sie damit manchmal auchüberfordert. Aber eigentlich waren die Interviews nie schwer zuführen. Ich hab ihnen die Zeit gelassen zu schweigen, wirklichzugehört, was sie mir erzählen und immer versucht, sie daabzuholen, wo sie gerade waren. Dann funktioniert das auch mitwortkargen Menschen. Das waren sehr schöne, bereichernde Gespräche,aus denen ich viel mitgenommen habe.
Der Film trägt den Untertitel "Frei.Sein.Wollen". Was macht unsdenn unfrei?
Weber: Formatierung - über das eine, wie das andere eineähnliche Hülle zu legen, Dinge nicht aus sich heraus begreifen zukönnen. Wir sind unfrei, in dem was wir abliefern müssen. Ichglaube, die Fähigkeit, in Bewegung zu bleiben, macht frei. Unfreihingegen sind die Systeme, die Angst hervorrufen, weil alles sokomplex ist und wir gar nicht mehr wissen, wie wir dieseKomplexität in den Griff kriegen sollen.
Warum gibt es derzeit diese Rückbesinnung auf bayerischeTradition oder Tradition im Allgemeinen?
Weber: Das ist so etwas wie ein Gegenentwurf zur globalen Welt -zu diesem "Alles ist möglich" und "Wie optimiere ich mein Leben..Ich glaube einfach, dieses "Back to the roots" ist tatsächlich aucheine Sehnsucht nach Gewissheit, nach Klarheit, nach Einfachheit ineinem positiven Sinn. Volksmusik fühlt sich ein bisschen nachZuhause an. Und Kofelgschroa mischt das mit dieser bayerischenLakonie, die ich einfach hinreißend finde. Das steht ja in einerlangen Tradition und sie leben diese Verbindung von Musik,Selbstverständnis und Leben.philosophie ganz neu.