Netflix erhöht die Preise: Kostet der ganze Streaming-Spaß zu viel?
Die große Streaming-Auswahl an kostenpflichtigen Angeboten rund um Filme, Serien und Dokus wird gefühlt immer kostspieliger. Der Streaming-Platzhirsch Netflix erhöht etwa in den USA erneut die Preise. Wohin führt diese Entwicklung?
Bereits im September 2024 fasste der Digitalverband Bitkom zusammen, dass 86 Prozent der Deutschen ab 16 Jahren zumindest ab und an Videoinhalte über das Internet streamen. 8,4 Stunden seien es bei Nutzerinnen und Nutzern wöchentlich im Schnitt. 37 Prozent sahen sich Inhalte über kostenpflichtige Videostreaming-Dienste an, gaben dafür aber weniger aus als zuvor. Im Durchschnitt zahlten sie 15,40 Euro monatlich, zwei Jahre zuvor seien es noch 17,90 Euro gewesen.
Dr. Sebastian Klöß, Experte für Consumer Technology beim Digitalverband Bitkom, erklärt der Nachrichtenagentur spot on news: "Die Ausgaben für Videostreaming werden sich in den kommenden Jahren voraussichtlich auf dem gleichen Niveau bewegen. Vom Jahr 2023 zum Jahr 2024 blieben die Ausgaben für Videostreaming-Abos beispielsweise nahezu unverändert (2024 15,40 Euro pro Monat, 2023 15,70 Euro pro Monat)."
Die höheren Werte aus dem Jahr 2022 seien "noch ein Ausläufer der Corona-Pandemie" gewesen. Aufgrund von Kontaktbeschränkungen gaben die Menschen mehr Geld für Streaming aus. Zu den 15,40 Euro komme hinzu, dass 48 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer "für das einmalige Abrufen von Filmen oder Serien außerhalb eines Abos, und zwar im Schnitt 12,30 Euro im Monat", bezahlen. "Dass die Ausgaben für das Videostreaming perspektivisch vermutlich auf demselben Niveau bleiben und auch angesichts ökonomischer Herausforderungen nicht sinken werden, zeigt auch der hohe Stellenwert, der das Videostreaming genießt." Mit 46 Prozent sagte demzufolge eine Minderheit an Usern, "künftig auf kostenpflichtiges Streaming zu verzichten, wenn sie Geld sparen müssen".
Netflix und die Preisschraube
Wann wäre das Maß voll? Laut Klöß sei "nicht seriös abzuschätzen, inwiefern es eine absolute Obergrenze für die Streamingausgaben gibt". Vergangene Monate hätten gezeigt, "dass sich die Bezahlmodelle für Videostreamingabos diversifizieren. Je nach Zahlungsbereitschaft und -möglichkeit gibt es nun meist die Auswahl zwischen vergünstigten Abos, die dafür Werbung enthalten, und werbefreien Abos, deren Abogebühr im Gegenzug höher ist."
Netflix hat vor wenigen Tagen bestätigt, dass man die meisten Tarife in den USA, Kanada, Portugal und Argentinien anpasst. In den Vereinigten Staaten kostet Premium ohne Zusatzmitglieder laut Netflix-Angaben jetzt 24,99 US-Dollar im Monat. 2013 lag der Tarif eines Berichts des Tech-Portals "The Verge" zufolge noch bei 11,99 Dollar monatlich. Es gab Zeiten, zu denen das Premium-Abo auch in Deutschland mit entsprechend 11,99 Euro zu Buche schlug. Für die Premium-Variante werden in den USA künftig also knapp 300 US-Dollar im Jahr fällig - hierzulande sind es zu einem Preis von 19,99 Euro im Monat nach aktuellem Stand auch schon rund 240 Euro.
Streaming-Fans zahlen 500 Euro für drei Dienste?
Zwar gibt es bei den kostenpflichtigen Diensten im Regelfall auch billigere Varianten, wer aber das Angebot bei bester angebotener Qualität und ohne Werbung nutzen möchte, zahlt im Jahr auf dem Papier ein kleines Vermögen. Ein Beispiel der derzeitigen Preise für zwölf Monate, basierend auf den Angaben der Anbieter:
Netflix liegt bei 239,88 Euro, Disney+-Premium bei 139,90 Euro, Apple TV+ nach einer kostenlosen Probewoche bei hochgerechnet 119,88 Euro jährlich. Alleine die drei Anbieter kosten in diesem Beispiel damit 499,66 Euro im Jahr. Daneben mischen unter anderem auch Amazon Prime Video, RTL+, Wow, Paramount+, Joyn und Discovery+ mit kostenpflichtigen Angeboten auf dem deutschen Markt mit. Wer alles ohne mögliche Vergünstigungen durchgehend bucht, kann auch leicht die 1.000-Euro-Marke knacken.
"Man könnte annehmen, dass es für die Verbraucherinnen und Verbraucher am komfortabelsten wäre, wenn sie alle Inhalte über einen Anbieter sehen könnten. Trotzdem gab in einer Bitkom-Studie aus dem Jahr 2022 nur die Hälfte (51 Prozent) der Nutzerinnen und Nutzer von Videostreaming an, dass es sie störe, dass sie so viele Videostreaming-Abos oder -Dienste benötigen, um all ihre Lieblingssendungen schauen zu können", erklärt Klöß. Um hohe Kosten zu vermeiden, behelfen sich viele Verbraucherinnen und Verbraucher offenbar damit, Abos nur für kürzere Zeiträume abzuschließen. "Zum einen ist es durchaus üblich geworden, für einzelne Serien oder Film-Highlights nur vorübergehend ein Abo abzuschließen und es direkt danach wieder zu kündigen. Zum anderen hat sich mit den FAST-Channels in den vergangenen ein, zwei Jahren ein kostenfreies, werbefinanziertes Streamingangebot etabliert, bei dem es für praktisch alle Interessen und Geschmäcker den passenden Kanal gibt." FAST steht für "Free Ad Supported Streaming Television".
Raubkopien, geteilte Accounts und die Kulturflatrate
Ob die steigenden Streaming-Kosten die Verbreitung von Raubkopien und illegalen Streams weiter begünstigen, bleibt umstritten. 2022 wurden von dem auf Daten rund um Online-Piraterie spezialisierten Unternehmen Muso weltweit 215 Milliarden Besuche auf entsprechenden Webseiten gemessen, wie das US-Branchenmagazin "Variety" 2023 berichtet hat. Es handle sich dabei um einen Anstieg von 18 Prozent zum Vorjahr.
"Unsere Zahlen zeigen nicht, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher vermehrt auf illegale Streamingangebote zurückgreifen", erklärt jedoch Klöß. In repräsentativen Bitkom-Befragungen hätten in den letzten Jahren nur etwa ein Prozent angegeben, illegale Portale zu nutzen. Es sei jedoch sehr viel weiter verbreitet, sich Streamingabos mit anderen zu teilen. In der Regel ist dies verboten, aber es sei nur 35 Prozent bewusst. "Das schlägt sich darin nieder, dass nur 40 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer eines kostenpflichtigen Videostreaming-Abos dieses ausschließlich allein oder nur mit Personen im selben Haushalt nutzen. 38 Prozent nutzen mindestens ein Abo mit anderen außerhalb des Haushalts und tragen einen Teil der Kosten, 20 Prozent teilen und bezahlen allein, 6 Prozent nutzen das Abo von anderen außerhalb des Haushalts kostenlos mit."
Könnte in der Theorie auch eine "Kulturflatrate", die seit vielen Jahren erfolglos diskutiert wird, eine Lösung sein? Warum sollten Verbraucherinnen und Verbraucher nicht einen monatlichen Festbetrag entrichten können, um dann ganz legal alles anzuschauen und zu teilen, wie es ihnen beliebt? Zumindest mit finanziellen Interessen der Anbieter wäre diese kaum vereinbar und es gäbe wohl auch weitere Probleme. "Die Idee hinter einer Kulturflatrate ist, bisher illegale Nutzungshandlungen zu legalisieren und den Urheber durch Teilhabe an einer Abgabe zu kompensieren, die jeder Inhaber eines Internetanschlusses zu entrichten hätte", erläutert der Bitkom-Experte.
Dort habe man "hinsichtlich dieser Überlegungen erhebliche Bedenken, da sie der bewährten Systematik des Urheberrechts widersprechen würden und dem Urheber sein Ausschließlichkeitsrecht und damit die Entscheidungshoheit, ob und wie sein Werk genutzt wird, nehmen würden". Dies könne unter anderem "die Wertschätzung geistiger Schöpfungen mindern" und es wäre "ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand erforderlich, um die Kulturflatrate bei den Anschlussinhabern einzuziehen und sie bei den Rechteinhabern anteilig auszukehren. Für eine gerechte Verteilung an die Rechteinhaber wäre eine flächendeckende Überwachung des Internetverkehrs notwendig, was gesellschafts- und rechtspolitisch klar abzulehnen ist."