Simon Verhoeven: So war der Dreh mit Mama Senta Berger

Simon Verhoeven wagt sich an ein brisantes Thema heran: In seinem neuen Kinofilm "Willkommen bei den Hartmanns" nimmt eine Familie einen Flüchtling auf. Im Interview verrät der Regisseur, was er sich durch den Film erhofft und warum seine Mutter Senta Berger am Set für Lacher sorgte.
Es ist ein gewagtes Thema, das sich Simon Verhoeven (44, "Männerherzen") für seinen neuen Film "Willkommen bei den Hartmanns" (Kinostart am 3. November) ausgesucht hat: Eine gutbürgerliche Familie nimmt einen afrikanischen Flüchtling auf. Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news erklärt der Regisseur, wieso der Film keine eindeutige Botschaft hat und was er sich dennoch wünschen würde. Dabei verrät er auch, wie seine erste Zusammenarbeit mit seiner Mutter Senta Berger (75, "Altersglühen") war - und was alle am Set zum Schmunzeln brachte.
Den Trailer zu Simon Verhoevens Film "Männerherzen" sehen Sie auf Clipfish
Das Thema Flüchtlinge ist immer noch hochaktuell. Wann und wie kam Ihnen die Idee zu diesem Film?
Simon Verhoeven: Die Idee hatte ich schon lange, bevor es das Thema Flüchtlinge so stark gab und das ist das Wichtige daran. Irgendwann wollte ich eine Komödie über eine gutbürgerliche Familie machen, die einen afrikanischen Flüchtling aufnimmt. Ganz klassisch: Zwei Welten, die aufeinanderprallen. Zunächst ging es in meinem Drehbuch hauptsächlich um die Familie, die zerstritten ist, und gar nicht so sehr um den Flüchtling. Dann kam der September 2015. Und plötzlich wurde das kleine Thema das größte Thema. Der kleine Streit der Familie beim Abendessen hat sich auf einmal angefühlt, wie der große Streit des ganzen Landes. Auf einmal war das Ganze sehr brisant und auch provokant, so hatte ich das nie geplant.
Welche Botschaft hat der Film für Sie?
Verhoeven: Es ist wichtig, zu begreifen, dass bei mir von Anfang an nie dieses "Refugees welcome"-Gutmenschen-Gefühl drin war. Das wollte ich auch nicht. Eine so naive Message abzugeben, ist nicht mein Ding. Vor allem konnte ich das, angesichts dessen, was mit Angela Merkel und "Wir schaffen das" passiert ist, so nicht unterschreiben. Ich war zugegebenermaßen sehr skeptisch und bin es auch weiterhin. Aber das heißt nicht, dass man Menschen, die in Not sind, nicht helfen muss. Natürlich wollen wir helfen! Aber die Probleme herunterzuspielen oder zu verschweigen und unsere eigenen Haltungen nicht zu kommunizieren, das geht für mich nicht. Mein Film spiegelt sich mit den Widersprüchen, innerhalb der Familie und des ganzen Landes. Er sagt dir nicht, was du denken sollst.
Also gibt es keine Botschaft?
Verhoeven: Es gibt keine Message, zumindest keine politische. Er hat vielleicht die Message, dass die Familie sich trotz ihrer Meinungsverschiedenheiten und Probleme am Schluss wieder zusammenraufen muss. Das könnte man schon auf eine gesellschaftliche Ebene heben. Da kann man vielleicht herauslesen, dass ich mir wünschen würde, dass sich das Land trotz der großen Spaltung wieder mehr annähert und respektiert. Nicht jeder, der eine kritische Frage stellt, ist gleich ein Rassist. Umgekehrt ist aber auch nicht jeder ein idiotischer Gutmensch, nur weil er sich im Flüchtlingsheim engagiert. Da würde ich mir wünschen, dass der Film vielleicht ein bisschen entkrampfend wirkt.
Elyas M'Barek, Florian David Fitz, Palina Rojinski... Wie haben Sie so einen namhaften Cast zusammenbekommen?
Verhoeven: Ich habe die Rollen auf die Schauspieler geschrieben. Ich wusste, dass ich sie will. Aber das hieß ja noch nicht, dass ich sie auch kriege. Wir haben alle schon mal zusammen gedreht. Florian David Fitz hat mit meinem Film "Männerherzen" den Kino-Durchbruch geschafft, Palina Rojinski habe ich dort am Set entdeckt. Elyas M'Barek hat auch mitgespielt und Til Schweiger einen Kopfstoß gegeben - was aus der heutigen Sicht eigentlich ganz witzig ist. Aber auch wenn man befreundet ist, machen die Schauspieler einen Film nur, wenn sie das Drehbuch überzeugt. Und ich hatte eben das Glück, dass das der Fall war.
Eric Kabongo ist dagegen in Deutschland bisher weitgehend unbekannt...
Verhoeven: Und das war Absicht. Für den Flüchtling wollten wir natürlich jemanden, der in Deutschland nicht bekannt und auch selbst ein Fremder im Land ist. Eric spricht tatsächlich kein Deutsch, hat sich alles beigebracht und im Casting einfach 20 Leute rausgekickt. Er war mit Abstand der Beste und deswegen hat er die Rolle bekommen.
Der Film ist auch die erste Zusammenarbeit mit Ihrer Mutter Senta Berger. Wie war das für Sie?
Verhoeven: Das war ein Highlight in meinem bisherigen Berufsleben, das kann ich nicht anders sagen. Es war sehr schön mit ihr zu arbeiten. Wir vertrauen uns und ich konnte ihr genau sagen, was ich will und sie hat es dann so umgesetzt. Es war auch wunderschön für mich, sie mal als Schauspielerin zu erleben und nicht nur als Mutter. Sie hat aus kleinen Momenten so einen großen Moment gemacht und mich oft überrascht. Das war toll.
War sie am Set mehr Senta Berger oder Mutter?
Verhoeven: Ich habe sie am Set auch Mama genannt, worüber das ganze Team geschmunzelt hat. Sie hat mich auch zwischendurch wieder wie einen kleinen Jungen behandelt. Wenn der Regisseur eines solchen Film vor hochkarätigen Schauspielern wie Elyas M'Barek und Florian David Fitz gefragt wird, ob er sich nicht lieber etwas Wärmeres anziehen will oder ob er genug getrunken hat, ist das natürlich witzig und lockert die Stimmung auf. Das hat eine schöne Atmosphäre geschaffen.