Das grausame Ende von Walter Sedlmayr

Auch nach einem Vierteljahrhundert ist Walter Sedlmayrs Mord nicht vergessen. Doch nicht nur wegen seiner Grausamkeit, sondern vor allem wegen der Geheimnisse, die er damals ans Licht brachte.
Heute vor 25 Jahren geschah ein Mord, der ganz Bayern und die Presse monatelang in Atem hielt: Walter Sedlmayr, Volksschauspieler, Werbe-Ikone und Inbegriff des bayerischen Grantlers, wurde in seinem Haus grausam gequält und schließlich mit einem Hammer erschlagen. Er wurde 64 Jahre alt. Sedlmayr war eines der bekanntesten Gesichter Bayerns und spielte sich mit Rollen in den "Münchner Geschichten" , "Polizeiinspektion 1" oder Auftritten beim Politiker-Derblecken auf dem Münchner Nockerberg in das kollektive Gedächtnis des Publikums. Doch so groß sein Ruhm zu Lebzeiten war, so düster war das letzte Kapitel in seiner Geschichte.
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Denn nicht nur die Brutalität des Mordes schockierte das Land - auch das ungeahnte Doppelleben des Schauspielers sorgte für Entsetzen. Denn zunächst deuteten alle Spuren auf einen Strichermord hin. Josef Wilfling ( "Abgründe: Wenn aus Menschen Mörder werden" ), ehemaliger Chef der Münchener Mordkommission, hatte es in seiner langjährigen Laufbahn des Öfteren mit viel diskutierten Mordfällen zu tun. Er ermittelte nicht nur im Fall Sedlmayr, sondern 15 Jahre später auch die Ermordung des Modezaren Rudolf Mooshammer. Doch selbst dessen Tod wurde "durch den Fall Sedlmayr getoppt", wie Wilfling der Nachrichtenagentur spot on news im Interview erzählte.
Seine Homosexualität schockierte
Die beiden Fälle seien gleichauf gewesen, "was das Medienspektakel betrifft", wie Wilfling erklärt. Doch einen entscheidenden Unterschied hatte es bei den beiden Fällen gegeben: "Natürlich lagen 15 Jahre dazwischen, und es gab eine ganz andere gesellschaftliche Einordnung." Sedlmayrs Homosexualität habe damals in der bayerischen Bevölkerung einen Schock ausgelöst. "Man hatte es ja nicht für möglich gehalten, dass dieser Urbayer, dieses hemdsärmelige Mannsbild aus ,Polizeiinspektion 1' schwul ist."
Diese Erkenntnis verlieh dem grausamen Mord an Sedlmayr eine weitere tragische Note. Heute ruft das Outing einer berühmten Person kaum mehr als ein Schulterzucken hervor. Seine Homosexualität offen auszuleben schien damals allerdings undenkbar. Stattdessen traten Sedlmayrs Angewohnheiten ans Licht, sich heimlich mit Strichern zu treffen. Unter Insidern, auch in den Medien, sei das längst bekannt gewesen, wie Wilfling sagt. Doch habe man Stillschweigen bewahrt - die Bevölkerung war ahnungslos.
Einsame Beerdigung
So tragisch sein Doppelleben war, führte es im Fall Sedlmayrs nicht zu seiner Ermordung. Stattdessen stammten die Täter aus seinem engsten Umfeld. Sein eigener Ziehsohn, den Sedlmayr nach finanziellen Streitereien enterbt hatte, und einer von dessen Verwandten hatten ihn getötet. Seine Neigungen boten ein scheinbar perfektes Cover. Morde in der Schwulenszene hatte es in den Wochen zuvor schließlich vermehrt gegeben. Gezielt legten sie falsche Spuren, deponierten Kondome und eine Lederpeitsche am Tatort. Der Plan ging nicht auf: Verdächtige Aussagen, ein mangelhaftes Alibi und schließlich die Tatwaffe, die auf die beiden Täter zurückgeführt werden konnte, überführten die beiden.
Gestanden haben sie den Mord bis heute nicht. Seit 2007 ist Sedlmayrs Ziehsohn wieder auf freiem Fuß, der zweite Täter kam ein Jahr später frei. Bis heute gilt Sedlmayrs Tod als einer der größten Skandale, die Bayern je erlebt hat. Doch trotz der Kaltschnäuzigkeit der Tat schien das vor allem an dessen Homosexualität gelegen zu haben. "Das war damals für die Leute schlimmer als die Tatsache, dass er ermordet worden ist", sagt Josef Wilfling. Auf Sedlmayrs Beerdigung erschienen weder Prominente noch der damalige Ministerpräsident. Ein trauriges Ende für einen zu Lebzeiten derart gefeierten Volksschauspieler.