Vom Metzgerlehrling zum Raab aller Klassen

Stefan Raab: Seine Karriere in Bildern
Stefan Raab trat im Juni 2015 zum letzten Mal in seiner Show "Schlag den Raab" auf. Vor mehr als 20 Jahren hatte seine Karriere im Fernsehen begonnen.
Stefan Raab ist noch keine 50 - und hört trotzdem schon auf. Kein zu großes Wunder, bei dieser Karriere. Der Kölner hat in 20 Jahren TV alles erreicht. Vom ESC-Sieg bis zu Show-Dauererfolgen.
Stefan Raab (49) zieht sich aus dem TV-Geschäft zurück. Die Überraschung: Ein noch nicht einmal 50 Jahre alter, wunderbar verdienender TV-Entertainer macht Schluss. Die seltsam große Tragweite: Ohne Raab wird die deutsche Fernsehlandschaft fast frei von alles überstrahlenden Moderatoren-Stars sein. Günther Jauch vielleicht noch. Und dann lange nichts. Das ist ein Status, den sich Stefan Raab über lange Jahre erarbeitet hatte. Auf teils verschlungenen Wegen. Und dann doch bisweilen scheinbar fast mühelos.
Denn auch wenn es so scheinen mag: Raab ist noch nicht "ewig" im deutschen Privatfernsehen unterwegs. Er ist sogar ein vergleichsweise spät Berufener. 1993 machte der gebürtige Kölner seine ersten Schritte beim Musik.ender Viva. Da war er schon jenseits der 25. Und hatte eine Metzgerlehre abgeschlossen und sich als Jingle-Schreiber verdingt. Die nächsten Karrieresprünge gelangen mithilfe wohldosierter Anarchie.
Berti Vogts als Karriere-Boost
In seiner Show "Vivasion" klampfte Raab zwischen skurrilen Sitzmöbeln auf der Ukulele und verunglimpfte Stars wie Moses Pelham - was die nicht immer lustig fanden. Ein TV-Spontan-Rap über den damaligen Fußball-Bundestrainer Berti Vogts ("wer sieht hinten aus wie vorn: Bööörti, Bööörti Vogts") entwickelte sich zum Hit. Raab sang in der ZDF-Hitparade und schwieg in Dieter Thomas Hecks "Goldener Stimmgabel" zum Playback. Der damals 30-Jährige wurde so eine Art singender und anstrengender Junge-Leute-Harald-Schmidt. Eine Mixtur, bei der ProSieben zuschlagen musste.
Ab 1999 macht Raab dort "TV Total". Und wurde damit auch offiziell die Schmidt-Late-Night-Alternative. Ein Status, über den Raab aber schnell hinauswuchs. Weil er alles machte. Und scheinbar alles konnte: TV-Talkereien und -Blödeleien. Auf den ersten Blick billige, aber wohl gewählte Trash-Hits. Pop-Musik allgemein, ESC im Speziellen. Und Showkonzepte mit Erfolgsgarantie.
Hauptsache Wettbewerb
Noch vor seinem Wechsel ins "große" TV schrieb Raab prägende Musik. Für Guildo Horn den ESC-Hit "Guildo hat euch lieb", Platz sieben stand am Ende zu Buche. Kurz danach versuchte sich Raab mit "Wadde Hadde Dudde Da?" selbst im Eurovision-Schlagerland - Platz fünf. Nebenbei formte er immer wieder mal "TV Total"-Samples zu Charterfolgen: "Maschen-Draht-Zaun", "Ö La Palöma Blanca", und "DJ Bundeskanzler" mit "Ho' Mir Ma Ne Flasche Bier". Oder auch eine Dame, die "Ich liebe deutsche Land" sang.
Ebenso produktiv war Raab bald, wenn es darum ging, neue Sendungen auf den Bildschirm zu bringen. Immer ging es dabei um Wettbewerb, meist mit einem pseudo-offiziellen Anstrich: Die "Wok-WM" wurde zum TV-Klassiker, auch der "TV total Boxkampf" und das "TV total Turmspringen" fanden ihre Zuschauer. Mit "Schlag den Raab" wurde der Fernseh-Crack zum ersten Moderator seit Thomas Gottschalk, der bis in die frühen Morgenstunden vor einem Millionenpublikum "überziehen" durfte.
Mann mit Durchblick im Pop-Entwicklungsland
Seine bemerkenswertesten Erfolge feierte Raab aber, wenn er seine Talente kombinieren durfte: Mit eigens erfundenen TV-Wettbewerben zum Thema Musik. Zwei ESC-Top-Ten-Platzierte castete Raab mit Max Mutzke ("Can't Wait Until Tonight") und Roman Lob ("Standing Still"). Eine Siegerin mit Lena ("Satellite") noch dazu. Ohne Raabs Zutun landete Deutschland zuletzt meist auf hinteren Plätzen. Gerade, als wäre Raab der einzige Musik.roduzent mit Durchblick in einem Pop-Entwicklungsland.
Nun also ist Schluss - Schluss mit einigen der meistbeachteten TV-Wettbewerbe, die nicht von der FIFA ausgerichtet werden. Schluss mit Entwicklungshilfe für den deutschen ESC-Vorentscheid. Und das Ende für ein anderes bemerkenswertes Wettrennen: In 22 Jahren vom No-Name zum letzten Pfeiler der deutschen Fernsehszene. Das dürfte Raab so schnell keiner nachmachen.
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