RAF-Tatort aus Stuttgart: Der rote Schatten der Geschichte

Tatort Stuttgart: Bootz (Felix Klare) müssen in "Der rote Schatten" einen Fall lösen, dessen Wurzeln 40 Jahre zurück liegen. © SWR/Sabine Hackenberg
Der Tatort "Der rote Schatten" führt die Stuttgarter Kommissare und damit auch die Zuschauer zurück in das Jahr 1977. Denn der aktuelle Fall hat seine Wurzeln im sogenannten Deutschen Herbst, der Hochphase der RAF. Das Timing ist jedenfalls bestens, denn die Ereignisse jähren sich in diesen Tagen zum 4. Mal, außerdem spielt Stuttgart mit seinem Stammheimer Gefängnis eine besondere Rolle für die RAF-Geschichte.
40 Jahre liegen der "Deutsche Herbst" und "die Todesnacht von Stammheim" zurück. Dennoch beeinflussen die Folgen dieser traumatischen Zeit den aktuellen Fall der Kommissare Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare). Marianne Heider kam angeblich bei einem Badewannenunfall ums Leben. Ihr Ex-Mann Christoph Heider (Oliver Reinhard) glaubt jedoch, dass sie von ihrem aktuellen Lebensgefährten Wilhelm Jordan (Hannes Jaenicke) ermordet wurde. Christoph Heider entführt den Leichnam, um ihn im Ausland obduzieren zu lassen. Doch er wird von der Polizei gestoppt.
Verfassungsschutz spielt auch hier eine zweifelhafte Rolle
Obwohl der Todesfall von der Staatsanwaltschaft als Unfall zu
den Akten gelegt wurde, glauben die Kommissare dem Ex-Mann und
gehen der Sache nach. Dabei stellen sie fest, dass Wilhelm Jordan
in den 1970er Jahren als V-Mann für den Verfassungsschutz gegen die
RAF eingesetzt war. Ist das der Grund dafür, dass die Kommissare
bei den Ermittlungen ständig auf Widerstand aus Polizeibehörde und
Staatsanwaltschaft stoßen?
Und ist Wilhelm Jordan überhaupt Wilhelm Jordan? Der Mann hat
eine erstaunliche Ähnlichkeit mit einem ehemaligen RAF-Mitglied,
das später mit dem Verfassungsschutz zusammenarbeitete. Lannert und
Bootz fragen sich, ob der Zeugenschutz selbst einen Mord umfassen
würde.
"Der rote Schatten" ist ein Tatort für Zuschauer der Generation 55plus, die Zeitzeugen des sogenannten Deutschen Herbsts waren. Doch auch jüngere Zuschauer können auf jeden Fall einschalten, vielleicht sollten sie es sogar. Denn Regisseur und Zehnfach-Grimme-Preisträger Dominik Graf und sein Team ordnen den komplexen Sachverhalt des bis heute relevanten Themas mit viel Archivmaterial spannend und verständlich ein.
Stuttgart-Tatort wie fast immer stark
Zu den Todesumständen der RAF-Mitglieder Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe in jener Nacht im Oktober 1977 in ihren Zellen im Gefängnis Stuttgart-Stammheim gibt es viele Theorien und Verschwörungstheorien. Die Krimimacher stellen die wesentlichen Aspekte und Argumente dar. Was dabei herauskommt, erinnert an den Investigativen Spielfilm "Der blinde Fleck" (2013) über das Oktoberfest-Attentat im September 1980. Nach der Ausstrahlung wurden die Ermittlungen wieder aufgenommen. Ob das dieser Tatort auch vermag, sei einmal dahingestellt. "Der rote Schatten" ist aber dennoch eine sehenswerte Bearbeitung dieser Epoche - und die Stuttgarter Ermittler lösen ihre Aufgabe auch in diesem Tatort gewohnt überzeugend.
(Spot On News)